„Das Wasser lief in die Lobby“: War der Aquadom schon früher beschädigt?
Ehemalige Angestellte informieren über ein Leck, ein Sprecher bestätigt das. Hätte der Eigentümer das Unglück im Dezember verhindern können? Ist ein neues Aquarium geplant?

Auf einer Demonstration vor dem Hotel Radisson zeigt eine Frau ein Foto vom Aquadom: Über den Sockel rinnen dunkle Schattierungen in Richtung Boden. „Siehst du das?“, fragt sie. „Das ist Wasser!“ Sie sagt, dass das riesige Aquarium schon vor Jahren leckte. Die Frau ist zufällig vorbeigekommen – auf der Suche nach einer neuen Arbeit stelle sie sich heute bei Hotels und Restaurants in Berlin-Mitte als Köchin vor, sagt sie. Sie habe im Radisson-Hotel gearbeitet, bis dort der Aquadom platzte.
Die Touristenattraktion, ein großes zylinderförmiges Aquarium, zersprang am 16. Dezember, 2000 Tonnen Wasser traten aus und 1500 Fische starben. 630 Fische in den unterirdischen Aquarien, der Aufzucht- und Pflegestation, konnten gerettet werden. Die Ursache ist immer noch unklar. Seitdem der Aquadom geplatzt ist, ist das Hotel Radisson geschlossen, die Schäden sind groß.
Die Frau mit der dick umrandeten Brille und dem Schal will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Neben ihr lehnt sich ein Mann auf ein Fahrrad, auch er stellt sich als ehemaliger Angestellter des Hotels Radisson vor. An diesem Tag gibt es eine Demonstration, die von den Tierschützern der Organisation Peta organisiert wurde, am Ort des Fischsterbens. Die beiden ehemaligen Hotelangestellten wollen die Aktivisten informieren. Der Mann deutet auf das mit einem Bauzaun abgesperrte Gebäude.
Aquadom war am Sockel undicht
„Ich war sieben Jahre lang Barchef in diesem Hotel“, ruft er aufgebracht. Die Frau neben ihm sagt, sie sei Köchin gewesen. „Das Aquadom war schon 2018 kaputt“, sagt sie. „Erst 2020 wurde es repariert.“ Darüber ist sie empört. Das Hotel spreche mit der Presse nicht darüber, sagt sie. Wieder zückt sie ihr Smartphone und zeigt ein Foto, auf dem eine Art Plastikplane unterhalb des Aquariums zu sehen ist. Die sollte das Wasser auffangen, sagt sie. Ein Tourist hat das Foto im Februar 2019 auf der Reiseplattform Tripadvisor gepostet.

Gab es also früher auffällige Schäden am Aquadom, über die bisher nicht öffentlich gesprochen wird?
„Es ist Wasser in die Hotellobby gelaufen“, bestätigt Fabian Hellbusch, Sprecher der Eigentümerfirma des Dom-Aquarées Union Investment Real Cityquartiers. „Das wird Anfang 2019 gewesen sein“, sagt er. Zu den Ursachen sagt er, es sei damals „primär“ um die Dichtungen am Sockel gegangen. Im Zuge der „Modernisierung“ sei auch das Acrylglas „von innen und außen stellenweise ausgebessert und poliert“ worden. Ein Riss sei damals nicht vorhanden gewesen.
Dass Modernisierungsarbeiten stattfanden, war bereits bekannt. In einer Pressemitteilung von 2019 heißt es: „Innerhalb der Bauzeit wird die Abdichtung des Sockels erneuert und eine zusätzliche Dichtungsebene eingefügt“, den Schaden und dass Wasser austrat, erwähnte der Eigentümer damals allerdings nicht. Die Fische zogen in der Zeit in die Aquarien im Untergeschoss. Union Investment nutzte die Gelegenheit, um eine „Generalüberholung“ durchzuführen, also eine umfangreiche Überprüfung.
Es habe ein paar Wochen und Monate gedauert, bis analysiert war, was man machen musste und die Ausschreibung für die Modernisierung erging, sagt Hellbusch. In dieser Zeit habe man das Aquarium „erst mal abgedeckt“. Das erklärt womöglich die Plane unterhalb des Konstrukts, die auf dem Foto des Touristen zu sehen ist. Im Oktober 2019 sei man dann in die Umsetzung gegangen, so Hellbusch, im Sommer 2020 war eine Wiedereröffnungsfeier geplant, die wegen Corona nicht stattfand.
Ist bei der Reparatur etwas schiefgegangen?
Das Aquarium steht seit 2003 im Hotel. Kurz nach dem Unglück war von einer Materialermüdung die Rede, Kunststoff werde irgendwann porös, sagte ein Experte dem Berliner Kurier. Auch Hellbusch spricht von einer „langen Zeit“ nach der man nun mal eine Modernisierung durchführe. Das sei aber erfolgt. Hätten Hotel und Eigentümer das Aquarium damals vorsorglich ganz abbauen müssen? Oder ist etwa bei der Reparatur etwas schiefgegangen?
„Es gibt bisher keinen Hinweis darauf, dass da ein Zusammenhang besteht“, sagt Hellbusch. „Und wir erwarten auch keinen.“ Bei der Ursachenforschung würde die „Modernisierung“ aber trotzdem berücksichtigt, sagt er. Acrylexperten haben die Kernelemente untersucht, die größeren Teile, die in der Lobby liegen, würden noch einmal im Detail analysiert. Es gebe noch keine Erkenntnisse bezogen auf einen „Initialbruch“, so Hellbusch. Er selbst frage sich gerade wegen der Modernisierung, wie das passieren konnte. „Wir haben alle Vorkehrungen getroffen und dann zwei Jahre später so ein Unglück.“
Wann eine Wiedereröffnung des Hotels stattfinden kann, sei wegen der großen Schäden noch nicht absehbar. Zurzeit wäge man gemeinsam mit dem Hotel die Entscheidung ab, ob ein Wiederaufbau möglich sei und welche Alternativen es gibt. „Aber natürlich würden wir keinen Aquadom wiederaufbauen, ohne zu wissen, was die Ursache war“, sagt Hellbusch.
Empfehlungen aus dem Ticketshop: