Berlin im Februar: Es ist völlig in Ordnung, sich aktuell mies zu fühlen

Mit dem Beginn des Februars ist es Zeit, ein bisschen stolz aufs eigene Durchhaltevermögen zu sein. Seit Wochen kein Sonnenschein und wir machen einfach weiter.

Ja, man kann auch bei miesem Wetter gut drauf sein. Aber übertreiben Sie es nicht. Das wirkt schnell provozierend.
Ja, man kann auch bei miesem Wetter gut drauf sein. Aber übertreiben Sie es nicht. Das wirkt schnell provozierend.Arne Dedert/dpa

Kein Witz, es gibt in diesen Zeiten noch ausgesprochen gute Nachrichten. Zum Beispiel diese: Der schlimmste Teil des Jahres ist bereits vorbei. Glauben Sie nicht? Schauen Sie auf den Kalender: Heute ist der 1. Februar. Den grässlichen Januar, den schlimmsten Monat des Jahres, haben wir bereits hinter uns gelassen, und ich möchte es für uns alle mal so formulieren: Wir haben uns bisher großartig gehalten.

Obwohl wir geschlagene 744 Stunden ohne einen einzigen Sonnenstrahl geblieben sind, ist es in Bahnen und Bussen ruhig geblieben. Die Leute sind im Großen und Ganzen nicht aneinandergeraten, was vielleicht auch an der wetterbedingten Lethargie gelegen haben mag.

Wir haben das Hickhack um die Friedrichstraße – ist sie gerade für den Autoverkehr gesperrt oder doch nicht? – gleichmütig hingenommen. Ich wünsche jedem von Ihnen, dass es so mental ausgeglichen weitergeht und die Mir-doch-egal-Stimmung nicht von nervtötenden Gute-Laune-Bären gestört wird. Berlin im Januar heißt nun mal: Wir stehen auf Stand-by.

Die Spitzenkandidatin der Grünen joggt sogar über das Tempelhofer Feld

Die Älteren von uns kennen das sogar in der verschärften Version. Im vergangenen Jahrhundert gab es zu Jahresanfang immer Schnee und noch fieseren Ostwind. Ja, ja, früher war gar nicht alles besser. Die weiße Pest kann uns leider auch in den kommenden Wochen noch heimsuchen, dennoch geht es von heute an klar bergauf. Wobei: Das klingt ja auch schon wieder so mühselig. Bergauf. Sagen wir lieber: Ab jetzt nähern wir uns mit jungen und elastischen Schritten dem Frühling.

Sollten Sie sich heute dennoch erst mal unausgeglichen, unkonzentriert und weniger leistungsfähig fühlen, dann verzagen Sie nicht. Es ist die aktuelle Wetterlage: Die einströmende Warmluft (ja, vier Grad sind bei den Meteorologen schon Warmluft, jedenfalls im Winter) und der fehlende Sonnenschein machen das Unwohlsein perfekt. Es ist also völlig in Ordnung, sich mies zu fühlen, sich früh ins Bett zu legen und die Decke über den Kopf zu ziehen. Aber Vorsicht, nicht zu lange schlafen, das macht nichts besser. Es sei denn, Sie ratzen bis April durch. Aber wer kann sich in diesen Zeiten schon einen veritablen Winterschlaf leisten?

Nehmen Sie sich daher ein Beispiel an den hiesigen Politikerinnen und Politikern. Die stehen gezwungenermaßen neuerdings viel draußen, und die meisten von ihnen haben richtig Farbe bekommen. Ich meine den Teint, nicht die Inhalte.

Die Spitzenkandidatin der Grünen joggt sogar über das Tempelhofer Feld und animiert alle zum Mitmachen. Winterwahlkampf nennt sich das Ganze, und noch ist gar nicht klar, ob das alles vergeblich ist. Das entscheidet aber das Bundesverfassungsgericht nicht vor dem Frühling. Wen wundert’s.