Olaf Scholz, eine Klobrille und die blonde Frau im Pool
Deutschland gilt als Servicewüste. Unser Kolumnist erlebte im Baumarkt, dass sie besonders trocken ist, wenn eine Toilettenbrille gebraucht wird.

Es sind ernste Zeiten. Das sollte nicht davon abhalten, über halbernste, aber nicht weniger wichtige Dinge des Alltags zu reden. Zum Beispiel über Toilettenbrillen.
Wir brauchten eine neue und erlebten den Super-GAU in der Servicewüste Deutschland. Die Verkäuferin im Baumarkt lehnte rundweg jede Beratung ab: „Das ist kompliziert und zu individuell. Das müssen Sie ganz allein entscheiden.“
Sie führte uns zu einer Wand voller Klobrillen und ließ uns allein. Ganz schnell waren wir genervt: Denn es gibt drei verschiedene Grundmaterialien, die mit mehreren unterschiedlichen Formen kombiniert werden. Brillen für eckige Toiletten, für solche, die vorn rund und an der Wand tropfenförmig zusammenlaufen oder eben nicht. Dazu Deckel mit Bildern und ohne. Es gibt sehr viele Bilder auf Klodeckeln. Dazu die verschiedensten Töne von Weiß, die unterschiedlichsten Neigungswinkel der Sitzflächen und mannigfaltige Maße.
Wir sahen uns 70 Modellen gegenüber, und alle hingen an der Wand: Wir konnten nicht mal Probe sitzen.
Als wir uns entschieden hatten, sagte die Verkäuferin: „Ich kann Ihnen aber nicht garantieren, dass die Schrauben passen. Bei Ihren Maßen ist der Abstand 16 Zentimeter, aber hier auf der Packung steht 15,5 Zentimeter.“
Wir probierten es und waren schon bald wieder zurück. Die Schrauben passten zwar, aber die Brille war vorn zu kurz. Die Suche begann von neuem. Diesmal dauerte es noch länger. Als wir die Verkäuferin fragten: „Warum gibt es eigentlich keine Standardgröße?“, sagte sie: „Daran ist die Politik schuld.“
Ein Aufruf an den Kanzler
Deshalb hier ein verzweifelter Aufruf an Olaf Scholz und Ursula von der Leyen: „Bitte fühlen Sie sich zuständig, bitte sorgen Sie für Einheitsgrößen. Bitte lindern Sie den Frust all jener Menschen, die in einem Baumarkt vor einer Wand voller Klobrillen verzweifeln. Bitte, bitte.“
Irgendwann kauften wir ein Modell, für das mit einer besonders einfachen Montage geworben wurde: „Easy to fit“. In der Realität dauerte die Montage doppelt so lange wie beim ersten Modell und es war auch eine leichte Form von Gewalt nötig.
Nix war easy, und so ganz passt die Brille noch immer nicht zum Becken. Aber wir haben nicht die Kraft für einen dritten Versuch.
Nun noch ein paar abschließende Fragen: Warum ist auf der Verpackung des „Premium Quality Toilet Seats – German Quality since 1912“ das Foto einer langhaarigen blonden Frau mit blauen Augen und einer gelben Lilie im Haar? Warum schwimmt sie in einem Swimmingpool? Warum lächelt sie so anzüglich? Und warum ist gleich daneben das Foto der Klobrille? Welche Assoziationen sollen da bitte aufkommen? Ist das nur billiger Sexismus oder reine Dummheit?