Berlin-Kreuzberg: Polizei verwendet jetzt gepanzerte Blitzer
Das gepanzerte Fahrzeug sieht unheimlich aus, fast wie ein Ein-Mann-Bunker auf Rädern. Doch hinter dem breiten Schlitz, der sich waagrecht durch den grau lackierten Stahl zieht, verbirgt sich kein Heckenschütze. Ein Messgerät stellt die Geschwindigkeit der Fahrzeuge fest, die an dem Anhänger vorbeifahren, und wenn sie zu schnell sind, wird ein Blitzer ausgelöst. Vitronic Poliscan Enforcement Trailer heißt das neueste Tempo-Messgerät der Berliner Polizei. Seit kurzem steht die schusssichere Stahlkonstruktion am Columbiadamm in Kreuzberg und nimmt den Verkehr ins Visier, der in Richtung Flughafenstraße rollt.
Säule in Köpenick beschädigt
„Der neue Geschwindigkeitsmessanhänger wird seit Mittwoch eingesetzt“, hieß es am Donnerstag bei der Polizei. Nachdem das Personal geschult worden ist, sollen nun Erfahrungen gesammelt werden, um über einen möglichen Kauf zu entscheiden. Der 1,3 Tonnen schwere Blitzeranhänger, der am Columbiadamm steht, hat ein Wiesbadener Kennzeichen – in Wiesbaden hat die Firma Vitronic ihren Sitz. Das Gerät ist gemietet, wofür pro Monat etwa 5000 Euro berechnet werden. Bei einem Kauf würden 130 000 Euro fällig. Der zweite Blitzeranhänger geht nächste Woche in Betrieb. Beide Geräte werden sechs Monate getestet.
Die halbstationären Blitzer gelten als ein ideales Mittelding zwischen den Messgeräten, die an kritischen Straßenabschnitten dauerhaft stationiert sind, und den mobilen Anlagen, die von Polizisten vor Ort betreut werden müssen. „Sie können überall aufgestellt werden, wo sie gerade gebraucht werden: in Tempo-30-Bereichen, vor Schulen und Kindergärten, auf der Stadtautobahn“, sagt ein Polizeibeamter. Die Stärke der Technik liege darin, dass sie flexibel einsetzbar ist und während des Betriebs kein Personal benötigt.
Überhöhte Geschwindigkeit ist häufigste Unfallursache
Die Akkus liefern Strom für sieben Tage. Eine massive Stahlummantelung, die auch die beiden Räder und die Deichsel umschließt, und Panzerglas schützen die Technik vor Angriffen erboster Autofahrer. Dass solche Attacken auch in Berlin erfolgten zeigt das Beispiel eines fest stationierten Blitzers in Treptow-Köpenick. Die Säule, die Anfang November in der Straße An der Wuhlheide aufgestellt wurde, ist im ersten Monat drei Mal beschädigt worden.
Am Mittwoch gegen 14.15 Uhr wurde der halbstationäre Blitzer am Columbiadamm scharf geschaltet. Bereits in den ersten knapp 17 Stunden bis 7 Uhr am Donnerstagmorgen löste er 98 Mal aus. Die höchste gemessene Geschwindigkeit betrug 84 Kilometer pro Stunde – 34 zu viel.
„Nicht angepasste Geschwindigkeit“ ist die dritthäufigste Unfallursache in Berlin. Darum hat die Polizei auch die Zahl der fest stationierten Blitzer aufgestockt. Zu den 22 Anlagen, die es bisher gab, sind zehn weitere dazugekommen. Im Dezember vergangenen Jahres wurde damit begonnen, diese Blitzer in Betrieb zu nehmen. In diesem Jahr werden zwei weitere Anlagen dazu kommen – im Tiergartentunnel und im Tunnel Flughafen Tegel (Autobahn A 111).
Mehr Unfälle mit Fußgängern
Doch nicht in jedem Fall sind Autofahrer von solcher Technik beeindruckt. Als kurz vor Weihnachten 2018 der Blitzer auf der Autobahn A 111 in Heiligensee in Betrieb genommen wurde, löste er schon bald mehrmals aus – obwohl Polizisten in Dienstkleidung gut sichtbar neben dem Gerät standen, traten viele Fahrer dennoch nicht aufs Bremspedal.
Im März möchte die Berliner Polizei ihre Verkehrsunfallbilanz für das vergangene Jahr vorstellen. Wie berichtet, deuten bisherige Auswertungen darauf hin, dass die Zahl der Zusammenstöße 2018 erneut gestiegen ist. So lag die Zahl der Kollisionen mit Fußgängern im Zeitraum Januar bis September um 5,3 Prozent höher als in denselben Monaten des Vorjahres. Bei den Unfällen mit Radfahrerbeteiligung betrug der Zuwachs 12,9 Prozent. Die Zahl der Menschen, die verletzt oder getötet wurden, stieg um 5,7 Prozent.