Kanzlei nicht eingeladen: Doch kein Zwischenbericht im RBB-Rundfunkrat?
Die Compliance-Beauftragte versäumte offenbar einen eindeutigen Auftrag. Die Rundfunkrätin Antje Kapek spricht von einer „Unverschämtheit“.

Der Verwaltungsrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) scheint kein allzu großes Interesse an der schnellen Aufklärung der Affäre um die frühere Intendantin Patricia Schlesinger zu haben. Die mit der Compliance-Untersuchung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei Lutz/Abel sollte dazu eigentlich in der nächsten Sitzung des RBB-Rundfunkrates einen Zwischenbericht abgeben. Doch nun berichtet RBB24, dass die Rechtsanwälte zu der besagten Sitzung überhaupt nicht eingeladen wurden – trotz anderslautender Absprachen.
Wie RBB24 berichtet, hat die Kanzlei der RBB-Gremiengeschäftsstelle per E-Mail mitgeteilt, dass sie „in Abstimmung“ mit den Auftraggebern „in der Sitzung weder einen schriftlichen Bericht noch Auskunft zu weiteren inhaltlichen Prüfungsergebnissen erteilen können“. Auftraggeber der Kanzlei sind die Compliance-Beauftragte des RBB, Anke Naujock-Simon, und die Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrats, Dorette König.
Die Mail wurde am späten Donnerstagabend von der Geschäftsstelle an den Rundfunkrat weitergeleitet und sorgt dort nun für massive Empörung. Die Rundfunkrätin und Grünen-Politikerin Antje Kapek sagte der Berliner Zeitung am Freitagabend, das Ganze sei eine „Unverschämtheit“. Es habe bei der letzten Sitzung des Rundfunkrates am 27. Januar einen eindeutigen Auftrag dafür gegeben, dass die Kanzlei am 28. Februar einen Zwischenbericht vorlegen soll. „Frau Naujock-Simon hat an dieser Sitzung teilgenommen“, sagte Kapek. Es sei absolut unverständlich, dass sie nun erkläre, sie kenne den Beschluss nicht.
Rundfunkrätin Antje Kapek: Der Auftrag an die Kanzlei ist selbst ein Compliance-Fall
Laut Kapek ist allein die Auftrag-Vergabe an die Kanzlei ein weiterer Compliance-Fall, da es dafür weder eine Kostenabschätzung noch einen Kostendeckel gegeben habe. „Es fehlt auch die Festlegung eines genauen Untersuchungsauftrages“, so Kapek weiter. „Da ist es doch mehr als selbstverständlich, dass wir jetzt mal fragen, was die überhaupt herausgefunden haben.“ Kapek bestätigte der Berliner Zeitung, dass der Rundfunkratsvorsitzende Ralf Roggenbuck nun seinerseits eine Einladung an die Kanzlei ausgesprochen habe. „Der Vorgang des Nichteinladens wird Gegenstand der Rundfunkratssitzung am 28. Februar sein“, erklärte er RBB24 auf Anfrage. „Und wir erwarten auch, entgegen der Ankündigung, dass uns ein Fortschrittsbericht erstattet wird.“
RBB: Die Anwälte haben bereits 1,4 Millionen Euro gekostet. Ergebnis: unklar
Seit vergangenen Sommer sind insgesamt vier Anwaltskanzleien mit insgesamt mehr als 30 Anwälten damit beauftragt worden, den Skandal im Sender aufzuklären. Die Recherche-Einheit von RBB24 hat herausgefunden, dass dafür von Juli bis November mehr als 1,4 Millionen Euro in Rechnung gestellt wurden. Die Wirtschaftskanzlei Lutz/Abel beschäftigt demnach 20 Anwälte mit der Angelegenheit. Deren Stundenhonorare lägen zwischen 250 und 500 Euro. Dennoch sah sich die Kanzlei nicht in der Lage, bis Ende Februar den eigentlich geplanten Abschlussbericht vorzulegen. Mit der nicht erfolgten Einladung steht nun auch der Zwischenbericht auf der Kippe.
Die enormen Ausgaben für die Kanzleien stehen im krassen Gegensatz zu dem Sparprogramm, das Interimsintendantin Katrin Vernau am vergangenen Mittwoch vorgestellt hat. Um den Sender vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit zu bewahren, sollen beim Programm 40 Millionen Euro eingespart werden. Insgesamt sollen 100 Stellen wegfallen.