Berlin-Moabit: Aus der Schultheiss-Brauerei wird ein Einkaufscenter
Badminton, Squash, Tischtennis – all das konnte auf dem Gelände der einstigen Schultheiss-Brauerei in Moabit hinter gelben Backsteinmauern gespielt werden. Doch eine der größten innerstädtischen Sportanlagen ist dicht, sie schloss am Gründonnerstag.
„25 Jahre Tradition werden hier zerstört“, sagt der Trainer Sebastian Bauer. Er hat zum letzten Mal die 15 Badminton- und die 8 Squash-Courts vergeben und am Abend die Türen abgeschlossen. Mehr als 20 000 Sportler kamen jedes Jahr aus allen Stadtteilen hierher. „Familien haben hier zusammen gespielt, Väter mit ihren Kindern trainiert. Sie hatten Spaß, weil Sport verbindet“, sagt Bauer.
Außer der Sport-Oase haben viele Unternehmer auf dem Areal schließen müssen, Modellbauer, Autofirmen, Händler. Auf dem Hof hinter dem denkmalgeschützten Sudhaus stapelt sich Sperrmüll. Der Secondhand-Laden Humana ist zu Ostern aus dem flachen Gebäude an der Turmstraße Ecke Stromstraße ausgezogen, das abgerissen werden soll.
Tiefgarage statt Parkhaus
Der Berliner Unternehmer Harald G. Huth, der im Herbst die Mall of Berlin am Leipziger Platz eröffnete, hat die Schultheiss-Brauerei gekauft. Er will sie zu einem Shopping-Center mit 110 Geschäften umbauen. Dabei soll der größte Teil der denkmalgeschützten Gebäude wie das Sudhaus erhalten bleiben und saniert werden. Die Arbeiten beginnen in diesem Frühjahr, Huth will in den nächsten zwei Jahren knapp 200 Millionen Euro investieren.
Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einen Bebauungsplan des Bezirks für das Areal gekippt. Die Richter kritisieren in ihrer jetzt vorgelegten Begründung vor allem Abwägungsfehler des Bezirks. So wurde für das Schultheiss-Quartier eine Verkaufsfläche von 20 000 Quadratmetern festgesetzt, obwohl sich der Bezirk laut einem Entwicklungskonzept neue Läden und Boutiquen eher an der Turmstraße wünscht. Auch sei nicht ausreichend ermittelt worden, ob auf Nachbargrundstücken „gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben“, heißt es.
Durch das Gericht lässt sich Huth mit seinem Unternehmen HGHI nicht aus dem Konzept bringen. Er hatte bereits Mitte Dezember vom Bezirk Mitte die Baugenehmigung für das Schultheiss-Quartier erhalten. Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) sieht in der Sache keinen Widerspruch. Der gekippte Bebauungsplan habe noch einen Planungsstand mit anderen Inhalten, zum Beispiel einem oberirdischen Parkhaus, wiedergegeben, sagt er. Diese Planung, die noch vom vorherigen Eigentümer stammt, sei längst verändert worden. „Ein oberirdisches Parkhaus ist nicht mehr zeitgemäß. So etwas bauen wir nicht, schon gar nicht in einem denkmalgeschützten Ensemble“, sagt auch HGHI-Rechtsanwalt Mathias Hellriegel.
Statt Parkhaus wird nun eine Tiefgarage an der Turmstraße errichtet. 410 Autos haben darin Platz, 90 weniger als ursprünglich vorgesehen. In dem Neubau darüber sind die oberen vier Geschosse für ein Meininger-Hotel mit 300 Zimmern vorgesehen. Die zweigeschossige Shopping-Mall wird sich über das gesamte Gelände sowie durch das Sudhaus ziehen. Neubauten an der Perleberger Straße werden niedriger gebaut.
Elektronik und Schuhe
Das Konzept wurde bereits vor einem Jahr Anwohnern öffentlich vorgestellt, die Mehrzahl der Moabiter hat es sehr positiv aufgenommen. „Wir haben das Einkaufszentrum so gestaltet, dass Bedenken ausgeräumt werden und kein Nachbar beeinträchtigt wird“, sagt Hellriegel. Insofern sieht er es auch „sehr gelassen“, dass andere Investoren beim Bezirk Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt haben.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich daher wohl genötigt gesehen und kürzlich klargestellt, dass es nicht über die Baugenehmigung entschieden hat. „Die gilt weiter“, sagt Baustadtrat Spallek. Und betont zugleich, dass die erfolgreichen Klagen der Anrainer nun aber dazu führen, dass Huth sogar mehr Ladenfläche bauen könnte. Die HGHI will das aber nicht: „Wir bleiben bei den 20 000 Quadratmetern Verkaufsfläche“, so Hellriegel. Einige Großmieter wurden schon verpflichtet, darunter sind Kaufland, Media Markt und Leiser.
Dass er die Entwicklung auf dem Schultheiss-Gelände gut findet, begründet Stadtrat Spallek so: Moabit verfüge inzwischen über Kaufkraft. Viele Bewohner würden aber nicht ihr Geld in Moabit ausgeben, sondern zum Einkaufen mit der U-Bahn ins KaDeWe und zum Kudamm fahren. Das soll sich ändern.