Räumungsklage gegen Remmo-Villa: Zwei Familienmitglieder sagen aus

Der Bezirk Neukölln klagt gegen Mitglieder der arabischen Großfamilie Remmo. Grund für den Rechtsstreit ist eine beschlagnahmte Villa in Buckow.

Eigenartige Mietzahlungen: Die Söhne der Beklagten sollen die Miete bar und verpackt in Briefumschlägen beim Steuerberater abgegeben haben.
Eigenartige Mietzahlungen: Die Söhne der Beklagten sollen die Miete bar und verpackt in Briefumschlägen beim Steuerberater abgegeben haben.CSP_pasiphae/Imago

Ein Sohn, der für seine Mutter Mietzahlungen in bar und verpackt in einem Briefumschlag an einen Steuerberater übergibt, der die Miete dann an den eigentlichen Vermieter weiterleitet. Das klingt sehr unüblich. An diesem Donnerstag wird vor dem Amtsgericht Neukölln aber ein Fall verhandelt, bei dem genau das passiert sein soll. Brisanz verleiht dem Fall neben der skurrilen Zahlungsart auch, dass der Bezirk Neukölln Mitglieder der Familie Remmo beklagt. Jene arabische Großfamilie, die bundesweit immer wieder für Schlagzeilen sorgt.

Der Bezirk reichte in diesem Verfahren eine Räumungsklage gegen eine Frau aus der Familie Remmo ein. Die soll zu Unrecht in einer Villa im Stadtteil Buckow wohnen, die eigentlich dem Bezirk gehört. Die Villa ist eine von 77 Immobilien, die die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Geldwäsche im Sommer 2018 beschlagnahmt hatte. Seit Herbst 2020 ist der Bezirk Neukölln Besitzer der Villa. Grund für die Räumungsklage sind mutmaßliche Mietrückstände in Höhe von 6800 Euro. An diesem Donnerstag verhandelt das Gericht die Mietzahlungen im Zeitraum von November 2020 bis Februar 2021.

Der erste Zeuge ist einer der Söhne der Beklagten, doch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht will er nicht Gebrauch machen. Der 28-Jährige kommt in Hemd, Mantel und Schiebermütze, wie sie sonst die berüchtigten Birminghamer Gangsterbrüder Shelby in der Serie „Peaky Blinders“ tragen. Er ist groß, breit gebaut und sportlich, tritt betont freundlich auf und spricht sehr ruhig. So ruhig, dass sogar die Richterin manchmal Probleme hat, ihn zu verstehen, und immer wieder nachfragt, was er gerade gesagt habe.

Die Zusammensetzung der Miete ist ebenso wie ihre Bezahlung etwas eigenartig. 1200 Euro sollen vom Amt als Zuschuss gekommen sein, 500 Euro anteilig aufgeteilt unter den drei Söhnen der Beklagten, von denen am Donnerstag zwei aussagen. Er habe das Geld vom Amt immer dann von der Bank abgeholt, wenn es auf seinem Konto eingegangen sei, sagt der erste der beiden befragten Brüder. Die 1200 Euro habe er dann bar in einem Briefumschlag bei dem Steuerberater der Familie vorbeigebracht. „Ja, überweisen wäre angenehmer gewesen“, sagt der Zeuge auf die Frage, wieso er das Geld nicht einfach überwiesen habe, „aber ich hatte ein Überweisungslimit von 1000 Euro, also ging das nicht.“

Verfahren soll am 16. März fortgesetzt werden

Der Bezirk hatte der Familie das Mietverhältnis gekündigt und eine Auszugsfrist bis Ende Oktober 2021 gesetzt. Als die Familie die Villa am 1. November 2021 nicht geräumt hatte, zog der Bezirk vor Gericht. Aus seiner Sicht sei das Vertrauensverhältnis zum Mieter gestört. Hintergrund ist ein Mietvertrag, der vor der Pfändung des Hauses schon existierte und den der Bezirk somit mit übernahm. Der Bezirk argumentiert, dieser Mietvertrag sei gefälscht. Die Familie Remmo bestreitet das.

Der Bruder des ersten Zeugen ist nach diesem geladen und erscheint mit einiger Verspätung und nach mehreren Aufrufen im Gerichtssaal. Auch er soll die eigentümlichen Mietzahlungen erklären. Er sei für die Zahlung der übrigen 500 Euro zuständig gewesen, die sich unter ihm und seinen zwei Brüdern aufteilten, sagt er, sie seien nicht vom Amt gekommen. Wie die Zahlungen genau vonstattengingen, wisse er nicht mehr so exakt, es sei ja schon eine Weile her. Aber dass er in drei der vier Monate 500 Euro bei dem Steuerberater abgegeben habe, daran könne er sich sehr wohl erinnern. „Es ist schon selten, dass ich mal irgendwem 500 Euro gebe“, sagt der Befragte, „das man merkt man sich dann schon.“

Die Polizei rechnet dem Clan in Berlin Hunderte Mitglieder zu. Nicht alle sind kriminell, aber einige fallen immer wieder durch Straftaten auf. Unter anderem begingen sie Sparkassen-Überfälle. Im vergangenen Jahr war ein Mitglied bei einem Überfall auf einen Geldtransporter am Kudamm beteiligt. Zwei Mitglieder wurden auch für den Diebstahl der 100 Kilo schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum verurteilt. Sie sollen, zusammen mit vier anderen Clan-Mitgliedern, auch am Juwelen-Diebstahl im Historischen Grünen Gewölbe in Dresden beteiligt gewesen sein.

Nach den beiden Zeugenaussagen beendet die Richterin die Verhandlung. Einige Formalien zwischen den Vertretern der beiden Parteien in diesem Verfahren bespricht sie noch. Am 16. März soll es mit einem Verkündungstermin weitergehen. Da könnte ein Urteil gesprochen werden, es könnte aber auch entschieden werden, dass noch weiterverhandelt wird. Als Fazit für den Donnerstag hält die Richterin ernüchtert fest: „Die Zeugenbefragung war eher nur teils ergiebig.“


Empfehlungen aus dem Ticketshop: