Böllerwürfe auf Polizei in Neukölln: Richter sieht nur Grund für eine Geldstrafe

Ibrahim und Omar M. sollen in der Berliner Sonnenallee Böller auf einen Streifenwagen der Polizei geworfen haben. Für sie ist die Sache nicht zu Ende.

Ibrahim M. wird vorgeworfen, in der Sonnenallee in Neukölln illegale Böller auf ein Polizeiauto geworfen zu haben. Jetzt soll es vor dem Berliner Landgericht weitergehen.
Ibrahim M. wird vorgeworfen, in der Sonnenallee in Neukölln illegale Böller auf ein Polizeiauto geworfen zu haben. Jetzt soll es vor dem Berliner Landgericht weitergehen.Pressefoto Wagner

Zwei junge Männer haben kurz vor Silvester in Neukölln Böller auf ein Polizeiauto geworfen. Sie führten damit eine Sprengstoffexplosion herbei, griffen einen Amtsträger tätlich an und verübten einen versuchten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. So zumindest lautet der Vorwurf der Berliner Staatsanwaltschaft.

Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den 26-jährigen Ibrahim M. und seinen 22-jährigen Bruder Omar am Montag zu Geldstrafen. Der Ältere, der wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft und auf Bewährung auf freiem Fuß ist, muss nun 1500 Euro zahlen. Der Jüngere wird mit 900 Euro Strafe belangt. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Freiheitsstrafen von neun beziehungsweise sechs Monaten beantragt.

Erschwerend in diesem Prozess war der Umstand, dass die Tat bereits mehr als ein Jahr zurückliegt. Die beiden jungen Männer hatten an der Sonnenallee aus einem Fenster heraus mehrere Böller auf einen vorbeifahrenden Streifenwagen geworfen – am 29. Dezember 2021. Die Angeschuldigten hätten billigend in Kauf genommen, dass es dadurch „zu schreckbedingten Fehlreaktionen“ des Fahrers mit Sach- und Personenschäden kommen könnte, heißt es in der Anklage. Der Verdacht lag nahe, dass die beiden Brüder illegale Pyrotechnik verwendet hatten, da mehrere Zeugen die Explosionen als „unglaublich laut“ und „lauter als normale Böller“ bezeichneten. 

Der Staatsanwaltschaft ist die Strafe zu niedrig, dem Verteidiger ist sie zu hoch

Weil die Tat schon so lange her ist, konnten sich am ersten Verhandlungstag Ende Januar die geladenen Zeugen – ein Passant und seine Tochter sowie die Polizisten – nur noch schlecht erinnern. Der Fahrer des Polizeiautos, der am Montag vom Richter befragt wurde, hat auch keine konkreten Erinnerungen mehr. Für seine Aussage musste er erst das Protokoll seiner zeugenschaftlichen Vernehmung durchlesen.

Die Staatsanwältin, die am ersten Verhandlungstag eine Referendarin geschickt hatte, dieses Mal aber selbst anwesend war, wollte das Verfahren am Montag an ein Schöffengericht verweisen lassen. Aus ihrer Sicht hatten Ibrahim und Omar M. eine Sprengstoffexplosion herbeigeführt, was ein Verbrechenstatbestand sei. Der Richter lehnte dieses Ansinnen ab. Er sprach die beiden vom Vorwurf des Umgangs mit Sprengstoffen frei und sah auch nicht den Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Polizisten erfüllt, da es dafür eines unmittelbar gegen die Polizisten gerichteten Angriffs bedurft hätte.

Ehssan Khazaeli, der Verteidiger von Ibrahim M., will Berufung beim Landgericht einlegen. „Von vier angeklagten Straftatbeständen ist am Ende nur einer übrig geblieben“, sagte Khazaeli der Berliner Zeitung. Er will einen Freispruch für seinen Mandanten erreichen, weil er auch keinen versuchten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr erkennen kann. Der Staatsanwaltschaft ist die Strafe zu niedrig. Sie deutete nach der Verhandlung an, ebenso Rechtsmittel einlegen zu wollen.