Berlin prüft Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen

Auf Corona-Protesten sind die schwarz-weiß-roten Fahnen häufig zu sehen. Nach Bremen und Bayern will jetzt auch die Senatsinnenverwaltung aktiv werden. 

Reichs- und Reichskriegsflaggen wurden bei den Corona-Protesten in Berlin Ende August in großer Zahl gezeigt. 
Reichs- und Reichskriegsflaggen wurden bei den Corona-Protesten in Berlin Ende August in großer Zahl gezeigt. Kay Nietfeld/dpa

Berlin-Reichs- und Reichskriegsflaggen sind bei Corona-Demonstrationen ständig präsent. Ende August besetzten Demonstranten mit ihnen die Stufen des Reichstags und lösten so bundesweite Empörung aus. Nun prüft Berlin ein Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen. Das teilte ein Sprecher der Senatsinnenverwaltung der Berliner Zeitung am Sonntag auf Nachfrage mit. Details seien noch nicht spruchreif, man untersuche aber Möglichkeiten für ein Verbot der Fahnentypen. 

Das ebenfalls rot-rot-grün regierte Bremen hatte vergangene Woche als erstes Bundesland Reichs- und Reichskriegsflaggen verboten. Das Polizeigesetz wurde geändert, das öffentliche Zeigen und Verwenden der historischen Flaggen ist seither verboten. Bei Verstößen kann die Polizei die Fahnen konfiszieren. Den Trägern drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 1000 Euro.

Am Samstag kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an, im Freistaat ebenfalls Reichskriegsflaggen verbieten zu wollen. „Mit einer solchen Flagge zeigt man nämlich seine klare Ablehnung und auch Distanz zu unserer Demokratie“, so Söder. Und: „Wir lassen unsere freiheitliche Demokratie nicht von Rechtsradikalen kapern.“ Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die Diskussion über ein Verbot beim Treffen der Innenminister im Dezember auf die Tagesordnung setzen. Er spricht sich für ein einheitliches Vorgehen der Länder aus.

Nach Einschätzung von Experten werden die Fahnen von Rechtsradikalen und Demokratiefeinden als Ersatz für verbotene nationalsozialistische Embleme, wie zum Beispiel die Hakenkreuz-Fahne, verwendet. Weit verbreitet sind die schwarz-weiß-roten Reichs- wie Reichskriegsflaggen auf den Protesten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen. „Die Farben beziehen sich direkt auf das Deutsche Reich und stehen nicht nur für die Ablehnung der heutigen liberalen Demokratie und ihrer Institutionen“, sagte Rechtsextremismus-Forscherin Bianca Klose der Berliner Zeitung. „Sie sind auch zu einer Art gemeinsamen Nenner für unterschiedliche Milieus geworden.“ Es finde eine Normalisierung statt, Kollegen sprächen bereits von einer „Reichsbürgerisierung“ dieser Milieus.

Es gibt viele unterschiedliche Reichskriegsflaggen, Verbote müssen sich konkret auf eine Art festlegen. In Bremen zum Beispiel sind nun verboten: die Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1867 bis 1921, des Deutschen Reiches von 1922 bis 1933 und des Deutschen Reiches von 1933 bis 1935. Auch die Reichsflagge ab 1892 bzw. Flagge des „Dritten Reichs“ von 1933 bis 1935 ist untersagt – allerdings nur, wenn im Einzelfall eine konkrete Provokationswirkung besteht. Kritiker monieren, dass die Verbote lediglich zum Ausweichen auf andere Flaggentypen führen.