Die ultimative Challenge: Verschieben Sie Ihre Perspektive!
Gute Vorsätze waren gestern – wer es wirklich ernst meint, fordert sich jeden Monat neu und anders heraus.

Haben Sie Ihren Dry January gut über die Bühne gebracht? Kennen Sie nicht? Der Dry January, also der trockene Januar, wird von vielen gepflegt, die es zu Weihnachten und an Silvester ein bisschen zu doll getrieben haben. In meinem näheren Bekanntenkreis gibt es mehrere Personen, die am Neujahrstag gegen 16 Uhr mit einem Brummschädel erwachten und sich schworen, es nicht wieder so weit kommen zu lassen.
Daraus entwickelte sich dann der Vorsatz, einen ganzen Monat lang auf Alkohol zu verzichten. Ich gebe ehrlich zu, dass mir das so furchteinflößend erschien, dass ich mich dem Bemühen nicht angeschlossen habe. Mir reicht ein Glas Wein am Abend, und das auch nicht jeden Abend, ehrlich. Aber vier Wochen ohne? Ich weiß nicht recht, wurde aber zum Glück auch gar nicht gefragt, ob ich der Challenge betreten möchte.
Das war es nämlich – eine echte Herausforderung, die nichts mit den üblichen guten Vorsätzen im neuen Jahr zu tun hat, die ja spätestens jetzt bei den meisten von uns zerbröselt sind. Es geht um Lebensveränderung. Schließlich heißt es ja, dass aus allem, was man mindestens drei Wochen betreibt, eine echte und dann hoffentlich liebenswerte Gewohnheit werden kann.
Und so ist aus dem ersten Verzichtskonzept bei den besagten Personen jetzt ein regelrechter Trend geworden. Der trübe und verzichtsvolle Januar ging in einen farbenfrohen Februar über. Die Clique hat nämlich beschlossen, vier Wochen lang auf die Berlin-Kluft in Schwarz und Grau zu verzichten. Für März ist gar der Verzicht auf soziale Medien angedacht – und das, obwohl es sich hier um Menschen deutlich unter 30 Jahren handelt!
Geht man mal von der Annahme aus, dass jeder Mensch mit seinen Aufgaben wächst, kann das für die jungen Leute ein außergewöhnliches Jahr werden. Es sollte nicht auf sie beschränkt bleiben. Wer macht mit bei der Challenge, einen Monat lang nicht mehr über Corona zu reden? März ist Masken-Schweigemonat: Ja oder nein, freiwillig oder nicht – wir bleiben stumm. Wir tun, was wir wollen, und bewerten nichts. Das muss vier Wochen doch funktionieren.
So könnte es dann weitergehen: Der April ist der Monat, in dem wir andere grundsätzlich erst mal ausreden lassen. Im Mai geht’s um freundliche Ansprache auch Fremden gegenüber. Juni und Juli dürfen mit anderen, aber sehr untypischen Vorsätzen gefüllt werden. Womöglich sind wir alle dann leicht andere, aber bessere Menschen als heute. Nur weil wir mutwillig unsere Perspektive verschoben haben. Das ist schon ein gewagter Gedanke, oder? Darauf heute Abend erst mal ein Glas Wein.