Berlin und nicht New York

Unsere Autorin macht im Restaurant die Bekanntschaft von schwierigen Zeitgenossen.

Sommer draußen. Es könnte so schön sein, wenn die Mitmenschen nicht wären.
Sommer draußen. Es könnte so schön sein, wenn die Mitmenschen nicht wären.Imago Images

Berlin-Ein alter Freund ist mit seiner Familie in Berlin. Er lebt mittlerweile im Ausland und ist nur noch selten hier. Wir haben uns mitsamt unserem Anhang beim Asiaten um die Ecke verabredet. Als wir uns setzen, sagt die Frau die allein am Nebentisch sitzt, zu ihm: „Sie ham aba viele Kinder! “ „Ja klar, zwei Frauen, vier Kinder, mir doch egal von wem die sind.“ frozzelt er. Danach beachten wir sie nicht weiter. Warum auch? Wir sind damit beschäftigt. Essen zu bestellen, Wein auszuwählen, einander zu erzählen, was es Neues in unseren Leben gibt.

Wir sprechen seiner Familie wegen englisch miteinander und dann ruft die Frau vom Nebentisch uns zu, wir sollen deutsch sprechen, das hier sei Berlin und nicht New York.

Wir ignorieren sie und hoffen, dass sie uns in Ruhe lässt, wenn sie merkt, dass wir ihr nicht antworten. Leider klappt so etwas nie. Aber wir wollen ihr keine Ansage machen, man sieht ja, dass sie vermutlich nicht ganz richtig im Kopf ist und/ oder schwer krank. Das liegt an ihrem Benehmen und der selbstgestrickten Wollmütze und ihrem kahlgeschorenen Kopf. Ja, sie ist krank, verrückt und einsam. Wir wollen ihr nicht den Mund verbieten, nicht unnötig grausam sein, aber es wäre doch ganz schön, wenn sie uns in Ruhe lassen würde. Ich hoffe einfach, dass sie bald geht, ihren Teller hat die Kellnerin immerhin gerade abgeräumt.

Aber leider hat sie ihr noch ein großes Glas Bier hingestellt. Als man uns das Essen bringt, fängt die Frau wirklich an zu stören. Sie ruft den Kindern zu, sie sollen nicht so schmatzen und weil wir uns beim Essen weiter miteinander unterhalten, meint sie, wir wären schlechte Vorbilder, denn mit vollem Mund spricht man nicht. Plötzlich springt mein Freund auf. Wenn sie noch ein einziges Wort zu unseren Kindern oder uns sagt, ruft er die Polizei, brüllt er sie an. „Mach doch“. antwortet die Frau, „ich rede, mit wem ich will“. Jetzt bin auch ich endgültig wütend. Ich zücke mein Handy, bin bereit, die 110 zu wählen. Jetzt geht es nur noch ums Siegen oder Verlieren. Warum macht die Bedienung eigentlich nichts? Aber die junge Frau ist einen halben Kopf kleiner und hat wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, wie die Frau uns belästigt hat. Plötzlich mischt sich eine bebrillte ältere Dame, vom anderen Ende der Restaurantterrasse ein. Sie schreit meinen Freund an, dass sie in Ruhe essen wolle und was ihm einfiele, hier so laut zu werden. Er schreit zurück, dass unsere Kinder belästigt wurden und dann rufen alle durcheinander und für einen kurzen Moment ähnelt die Szene einer französischen Komödie aus den 50er Jahren. Dann geht die Wollbemützte endlich.

Wir atmen auf. Aber die Ruhe währt nicht lange. Die Frau mit der Brille telefoniert jetzt und zwar extrem laut. Wir lachen. Was bleibt uns anderes übrig? Wegen sowas kann man keine Polizei rufen.