Der Tag, der für die Zukunft des U-Bahnhofs Alexanderplatz entscheidend ist
Ein Besuch am U-Bahnhof Alexanderplatz an dem Tag, an dem endlich die Bauarbeiten beginnen. Wann sie abgeschlossen sein werden, steht derzeit noch nicht fest.

Der S-Bahnhof, der Tunnel zu den U-Bahnen, der lange Gang mit den Imbiss-Läden – am Freitag wirkt auch alles rund um die Station Alexanderplatz ziemlich normal. Aus allen Richtungen laufen Menschen durch die unterirdischen Gänge, vielleicht etwas schneller als in anderen Städten. Im U-Bahn-Tunnel der U2 wird schnell klar: Hier ist etwas anders. Es ist ruhiger, die Menschen laufen langsamer, schauen unsicher um sich. Das Gleis Richtung Pankow ist mit einem Metallzaun abgesperrt. BVG-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen stehen mit orangefarbenen Warnwesten auf dem Bahnsteig, ständig umringt von Touristen, die nach dem Weg fragen. Die meisten Berliner haben sich mittlerweile an den Pendelverkehr gewöhnt.
Seit dem 7. Oktober 2022, mittlerweile fast ein halbes Jahr lang, ist das Gleis Richtung Pankow gesperrt. Durch eine Hochhaus-Baustelle der Covivio am Alexanderplatz wurde der U-Bahn-Tunnel beschädigt. Der Boden lockerte sich, der gesamte U-Bahnhof sackte 3,8 Zentimeter ab, Grundwasser drang durch Risse in die Station. An diesem Freitagabend wird die U2 zwischen Klosterstraße und Senefelderplatz gesperrt, bis Sonntag. Die Covivio hat freie Bahn, um zunächst probeweise dünne Rohre ins Erdreich einzubringen, durch die eine Zementemulsion unter den Bahnhof gespritzt wird. So soll das unterirdische Bauwerk, das aus dem Lot geraten ist, dauerhaft stabilisiert werden.
U2-Tunnel gesperrt, Schienenersatzverkehr mit Bussen
Eine Durchsage erinnert im U-Bahnhof die Fahrgäste daran, was an diesem Freitag beginnt. Eine Männerstimme kündigt an: „Ab 20 Uhr wird bis Sonntag der Tunnel der U2 gesperrt.“ Es werde ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Schon jetzt gibt es sichtbare Veränderungen am Bahnsteig: Die Fahrstühle sind nicht benutzbar und erste Stützsäulen wurden aufgebaut, um weitere Veränderungen zu verhindern. Doch auch mit diesen Veränderungen konnte im vergangenen halben Jahr nur eine Seite des Tunnels befahren werden. Auf der Anzeigentafel werden abwechselnd die U-Bahnhöfe Klosterstraße und Senefelderplatz angezeigt.
Inmitten des Chaos steht ein kleiner Stand von Le Crobag. Der Verkäufer nennt das, was er täglich miterlebt, „Wahnsinn“. Er macht sich große Sorgen. Das Desaster um den U2-Bahnhof sei ein „internationales Armutszeugnis“. Es kämen kaum noch Kunden, jeder der kann umfahre diesen U- Bahnhof mit Bus oder S- Bahn. Jeder zweite frage ihn, wie es mit dem Bahnhof weitergehen wird. Er hat wenig Hoffnung in die Zukunft und rechnet mit weiteren Sperrungen. Die Statiker haben sich verrechnet, meint er. Der gesamte Alexanderplatz habe ein Problem. Der Sandboden könne den riesigen Bauten schlichtweg nicht standhalten. Ein Ingenieur habe ihm gesagt, sobald er rissartige Geräusche höre, solle er rennen. „Das war natürlich nur Spaß“, fügt er wenig überzeugend hinzu. An diesem Freitagabend wird er den Laden früher schließen. Die Bauarbeiten können beginnen.
Experten schätzen, dass der Schaden am U-Bahnhof größer ist als gedacht. Noch immer ist nicht auszuschließen, dass einer der ältesten und meistgenutzten U-Bahnhöfe Berlins komplett abgetragen und neu gebaut werden muss.