Berlin von oben: Online-Stadtführer vom Berliner Rundfunk zeigt Luftaufnahmen von Drohnen

Berlin - Stadtführer über Berlin gibt es wie Sand am Meer. Jetzt kommt einer hinzu, der einen sehr ungewöhnlichen Blick auf Berlin hat: den Blick von oben. Der Berliner Rundfunk hat eine Drohne, also eine fliegende Kamera über der Stadt fliegen lassen. Herausgekommen sind ganz neue Perspektiven auf vermeintlich Bekanntes. Und wo klassische Reiseführer Text haben, hat dieser Berlin-Führer ihn: Claas Gnauck, Ur-Berliner und die Stimme der Bezirksgeschichten, die er jetzt wöchentlich im Format „Berlin von oben!“ des Berliner Rundfunks erzählt. Los geht es am Mittwoch mit Treptow, in den folgenden Wochen geht’s weiter mit Marzahn, dann folgen die anderen Bezirke.

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Die Berliner Schnauze, das ist für den geboren Kreuzberger aber nicht nur „icke, dit und kieckemal“, sondern vor allem Reaktionsschnelle. „Berliner haben immer einen Spruch auf den Lippen. Die sind nicht auf den Mund gefallen“, so Gnauck. Als ehemaliger Taxifahrer und heutiger Stadtführer kennt der 53-jährige die Stadt, ihre Bewohner und jede Menge Geschichten. „Das Taxifahren hat meine Neugier geweckt auf die Stadt und ihre Geschichten“, sagt der Kreuzberger. Irgendwann wollte er dann lieber Taxifahren als Studieren, wie er sagt.

Seit zehn Jahren arbeitet er jetzt als Stadtführer. „Am liebsten zeige ich Berlin auf dem Fahrrad, da kommt man auch in die kleinen Straßen und Ecken und deckt trotzdem einen großen Radius ab“, so Gnauck. Das mache Berlin auch aus. Dass es so viele kleine Ecken nebeneinander gäbe, die alle so verschieden seien. „Neulich bin ich mit einer Reisegruppe durch Ecken in Tempelhof gefahren und die Gäste meinten, dass es dort aussehe, wie in Schwaben“, so Gnauck.

Berlin verändert sicht schnell

Auch er selbst erkundet Berlin noch regelmäßig auf dem Fahrrad. „Ich entdecke immer wieder neue Sachen“, sagt Gnauck, der heute in Neukölln lebt. „Berlin verändert sich so schnell“. Vor allem in den letzten Jahren sei viel passiert in der Stadt. „Viel Aufgeregtes“, so der 53-jährige. „Alle sind heute aufgeregt in Neukölln zu sein. Dafür ist inzwischen Prenzlauer Berg schon wieder entspannt geworden.“

Eigentlich mag er das quirlige, bunte, internationale Berlin. „Je mehr ich arbeite, desto mehr suche ich aber auch nach Rückzugsorten“, so Gnauck. Am Wochenende fährt er an die Havel, am liebsten an die Unterhavel. „Dort, wo es breit ist“, sagt er. Rückzugsorte gäbe es aber auch noch in der Stadt. Verraten möchte Gnauck sie aber nicht. „Dann wären es ja keine Rückzugsorte mehr“, sagt er.

Das Berlin seiner Kindheit zu Mauerzeiten am Südstern sei entspannt gewesen. „Das war wie ein großes Dorf, kaum Kriminalität und Mieten, die keinen interessiert haben“, so Gnauck. Heute ist Berlin eine Großstadt, mit steigenden Mieten, steigender Kriminalität und viel Verkehr. „Es gibt natürlich Veränderungen“, sagt er. „Aber das ist auch immer eine Frage der Wahrnehmung. Gäste aus Amsterdam sind begeistert, wie grün und sauber die Stadt ist. Besucher aus Süddeutschland empfinden Berlin als schmutzig.“ Veränderungen gehörten zur Dynamik der Stadt, findet Gnauck. Es gäbe jedoch nur noch wenig Orte, die ihn noch an früher erinnern. „Die stillgelegten Gleise auf der Gneisenaustraße. Da habe ich mit acht Jahren meine erste Zigarette probiert“, erzählt er.

Nach der Wende verließ Gnauck Berlin für einige Jahre. „In der Goldgräberstimmung nach der Wende ist es mir zu bunt geworden“, sagt er.

Während der Jahre, die er in Hessen lebte, sei das Heimweh jedoch immer größer geworden. „Ich kenne hier viele Steine und Ecken und treffe in allen Bezirken auf Menschen, die ich kenne“, sagt er. Gefehlt habe ihm aber besonders der Umgang unter den Berlinern. „Da wird mal gepöbelt, das ist aber nicht böse gemeint. Am Ende grinst man sich an und alles ist wieder gut“, sagt er. Man käme auch schnell ins Gespräch. „Manchmal mit wildfremden Menschen auf der Straße“, so Gnauck. „Das ist besonders an Berlin.“Auf diese Weise hat der Stadtführer auch viele seiner Geschichten gesammelt.

Am Anfang sei es schwierig für ihn gewesen, wenn andere Ur-Berliner auf seinen Touren kamen. „Berliner wissen immer alles besser“, sagt er. „Und sie kennen ihren Kiez gut.“ Heute weiß er viele Geschichten, die auch für Ur-Berliner interessant sind. Anstrengend findet er nur manchmal andere Tourguides. „Ich mag die Disneylandisierung von Berlin nicht. Wenn immer alles nur der Kaiser oder Hitler und der Zweite Weltkrieg war“, so Gnauck. „Das stimmt auch einfach nicht. Berlin hat so viel mehr zu bieten.“

Wie sich die einzelnen Bezirke entwickelt und vernetzt haben, findet er spannend. „Treptow etwa ist beeinflusst durch die Bahn, die vom Görlitzer Bahnhof nach Schlesien fuhr“, so Gnauck. Der Bezirk habe sich an der Bahnstrecke entwickelt, daher die langgezogene Form des Stadtteils. „Die Berliner lieben ja auch die Superlative“, sagt Gnauck. Und da habe Treptow einige im Angebot.