Berlin-Wedding: Charité-Leitung distanziert sich wegen Rassismus-Vorwürfen von Mitarbeiter

Das auffällige Plakat, das am Donnerstag plötzlich an einem Gebäude der Charité auf dem Campus in Berlin-Wedding hing, war unmissverständlich. „Rassismus in der Charité“, stand darauf in großen Buchstaben zu lesen, zudem war die Rede von einem „menschenverachtenden Hetzer im Spreewald“.

Der, um den es ging, war bislang in der Charité und auch darüber hinaus vielgeachtet: Christoph Berndt ist gewählter Vorsitzender des Fakultätspersonalrates – Chef also der Mitarbeitervertretung der 3000 wissenschaftlichen Angestellten von Europas größtem Uni-Klinikum. Das große Plakat, das sich gegen ihn richtete, war allerdings nur der Anfang: Am Donnerstag wurden auch 1000 Flugblätter verteilt, auf denen Berndt als „bürgerlicher Sprecher eines rassistischen Vereins“ bezeichnet wurde.

Berndt ist Vorsitzender von Bürgerverein

Christoph Berndt, aufgewachsen in Ostberlin, arbeitet seit Mitte der 80er-Jahre an der Charité und ist vor einigen Jahren von Berlin in den Landkreis Dahme-Spreewald gezogen, in einen kleinen 350-Einwohner-Ort namens Zützen. Und genau dort wurden im Sommer 2015 rund 100 Flüchtlinge untergebracht – ohne die Anwohner einzubeziehen. Als Folge wurde ein Bürgerverein gegründet, dessen Vorsitzender Berndt wurde. Aus diesem Verein wiederum entstand der Verein „Zukunft Heimat“, der in der Vergangenheit mehrere Demonstrationen im Landkreis organisierte, in denen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ebenso kritisiert wurde wie die Verteilung der Flüchtlinge und der Mangel an Teilhabe der Bevölkerung.

In einem Video, das der RBB zeigte, sagt Berndt im Januar 2016 auf einer Demonstration: „Welche Frau kann sich noch ungezwungen bewegen, wenn auch nur in der Ferne eine Gruppe dunkelhaariger, junger Männer auftaucht oder auftauchen könnte?“

Neonazis sollen sich unter Demo von Verein gemischt haben

Mehrmals wurde dem Verein vorgeworfen, dass sich auch Neonazis unter die Demonstranten gemischt hätten, unter ihnen auch die „Spreelichter“. Ein Vorwurf, den der Verein bislang weder entkräftet noch sich von ihm distanziert hat. „Zukunft Heimat“ stellte sich am Freitag demonstrativ hinter seinen Sprecher, bezeichnete die Vorwürfe als linksextremistische „Hetze“ und erklärte, auch künftig „angemessene Kritik“ äußern zu wollen.

Der Verein, der betont, nichts gegen Flüchtlinge zu haben, sondern vielmehr gegen die Art der Verteilung und die Politik, schreibt allerdings auch auf seiner Homepage: „Deutschland steht heute an einem historischen Scheideweg, dessen Ausgang über die Zukunft unserer Heimat und Familien entscheiden wird.“ Zudem heißt es: „Hört auf uns zu belügen, herabzuwürdigen, zu diffamieren und nehmt uns als Volk endlich wieder wahr.“

Mitarbeiter aus 77 Nationen

In der Charité herrscht derzeit Bestürzung über das Verhalten des anerkannten Mitarbeiters. Die Klinikleitung reagierte prompt und distanzierte sich von Berndts politischen Äußerungen und Aktivitäten. „Die Charité spricht sich für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft aus. Als Universitätsklinikum mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 77 Nationen steht sie für soziale Verantwortung, Hilfsbereitschaft und Toleranz“, heißt es in einer Erklärung.

Charité-Sprecher Uwe Dolderer verwies am Freitag auf das umfangreiche Engagement der Charité in Sachen Flüchtlinge. „Wir haben in den vergangenen Monaten 35.000 Flüchtlinge behandelt, medizinisch versorgt und betreut.“ Es habe spezielle Impfprogramme gegeben sowie gesonderte Angebote für geflüchtete Frauen.

Christoph Berndt wollte sich am Freitag nicht öffentlich zu den Vorwürfen äußern. Er erklärte lediglich, zunächst innerbetrieblich Stellung beziehen zu wollen.