Berliner Bauakademie: Bewegte Jahre eines Meisterwerks
Berlin - Herzlich schlecht nannte Schinkel die Zeit, in der er seine Bauakademie 1832 bis 1836 in großer Gestaltungsfreiheit errichtete. Fürst Metternich schränkte die wenigen, aus napoleonischen Jahren stammenden Rechte ein, die Presse wurde zensiert, die Staatsgefängnisse wurden ausgebaut, Liberale wie Nationale unterdrückt.
Deutsche Demokraten wie Ernst Moritz Arndt und Friedrich Ludwig Jahn verloren ihre berufliche Existenz oder kamen ins Gefängnis. Derweil durfte sich der preußische Spitzenbeamte und Hofarchitekt Schinkel entfalten.
In herzlich schlechten Zeiten, im Jahr 1962, endete auch die erste Existenzphase seines bedeutend-sten Baus. Der musste einem Symbol der neuen Zeit weichen: dem mächtigen Riegel des DDR-Außenministeriums. Fachkreise reagierten entsetzt auf den Abriss, anderen war er gleichgültig. Immer hatte es sehr unterschiedliche Meinungen über das Bauwerk gegeben, so richtig populär war es wohl nie gewesen.
Schriftsteller Ludwig Rellstab kritelte herum
Harald Bodenschatz hat in seinem Büchlein „Der Rote Kasten“ Lob und Nörgelei aus 150 Jahren zusammengetragen. Das fing schon mit dem romantisch gestimmten Kronprinzen, später König Friedrich Wilhelm IV., an, der die Bauakademie nicht mochte.
1854 krittelte der Schriftsteller Ludwig Rellstab an dem Würfel herum, weil die Fassade unvertüncht war: „Das Ansehn von rohen Mauern“ machte es ihm unmöglich, „Lobredner seiner Schönheit“ zu sein. Immerhin fand er die Bauschule „zweckmäßig“.
Er lobte Schinkels Platzwahl und sein Geschick, die Räume zu disponieren. „Ein würdiger und gleich merkwürdiger Bau“, befand der zeitgenössische Intellektuelle.
„Beseitigung des hässlichen rothen Kastens“
Dem Schinkelbiografen Herrmann Ziller gefiel 1897 der Standort nicht mehr: Die Häuser der Schlossfreiheit, ursprüngliches Maß und Gegenüber der Bauakademie am anderen Ufer des Kupfergrabens, waren gefallen, die Bauakademie stand nun in direkter Konfrontation zum prächtigen Eosanderportal des Schlosses und kam Ziller zu nüchtern vor. Man habe da ein „Stadtbild zweiten Ranges“.
Im selben Jahr wünschte die Deutsche Bauzeitung die „Beseitigung des hässlichen rothen Kastens“; er störe das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal. Wenigstens aus dem Blick rücken könne man das Gebäude – auf Rollen 61 Meter Richtung Friedrichswerdersche Kirche.
Der Architekt Friedrich Adler schrieb in seinem 1896 erschienenen Buch „Die Bauschule zu Berlin von C. F. Schinkel“, die Bevölkerung habe „vielfachen Tadel“: „Der Menge behagt auch in der Baukunst am meisten der sinnliche Reiz und die spielende Willkür. Für die ruhige Einfalt und stille Größe hat sie oftmals kein Auge.“ Vielen missfalle der „knappe Umriss, das Festgelagerte, das Würfelförmige“. Andere wünschten mehr Relief.
Ein Umbau sollte mehr Platz schaffen
Der Stadtentwicklungskritiker Werner Hegemann fällte 1930 in seinem Buch „Das Steinerne Berlin“ das Urteil „fremdartig“. In der Zeit des Nationalsozialismus pries man den Bau als heroisches Beispiel bodenständiger, märkischer Bauweise. Schinkel hieß nun „Vorläufer neuer deutscher Baugesinnung“. Vielen DDR-Architekten galt er schließlich als Pionier der industrialisierten Bauweise, die im Plattenbau enorm forciert wurde.
Schinkel war offenbar selber schon mit Skepsis gegenüber dem neuartigen Bau konfrontiert, jedoch nicht willens, sich dem Jedermann-Geschmack zu unterwerfen. Er trachtete vielmehr nach ästhetischer Erziehung der Bürger: „In einer solchen Zeit kann die Bildung nicht, wie sie soll, vom Publicum ausgehen, sondern alles muss aufgeboten werden, um ihm fühlbar zu machen, was Formen in der Baukunst zu bedeuten haben.“
Die Institution Bauakademie arbeitete von 1836 bis 1884 in dem Gebäude. Die Studentenzahl stieg stetig und spiegelte den wachsenden Bedarf an kompetenten Bauleuten. Im Winter 1859/60 zählte man 547 Studenten, 1871/72 waren es 783. Ein Umbau sollte mehr Platz schaffen, doch dann ging die Bauakademie 1879 in der Technischen Hochschule Berlin auf und zog 1884 in Neubauten in Charlottenburg (heute Straße des 17. Juni) um. Damit war auch das Ende des Gebäudes als Bauakademie besiegelt.