Berliner Feuerwehr: Ausnahmezustand ist Normalzustand

Der Rettungsdienst muss gerettet werden. Für das Desaster gibt es viele Ursachen – auch dass der Notruf wegen Schlaflosigkeit und Flatulenz gewählt wird.

Ein Rettungswagen der Feuerwehr mit eingeschaltetem Blaulicht. (Symbolbild)
Ein Rettungswagen der Feuerwehr mit eingeschaltetem Blaulicht. (Symbolbild)dpa/Fernando Gutierrez-Juarez

Achten Sie auf Ihre Gesundheit! Denn wenn Sie einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall haben, könnte es länger dauern, bis Hilfe da ist.

Eine Leserin dieser Zeitung schrieb uns kürzlich, dass sie einen Brand melden wollte und beim Notruf 112 lange nicht durchkam. „Ich bin darüber bestürzt, dass die Feuerwehr zunächst gar nicht erreichbar war!“, schreibt die Leserin. „Ich frage mich: Was, wenn ich einen Schlaganfall, schweren Unfall usw. hätte melden wollen?“

Die Unzufriedenheit ist groß. Nur in 48,1 Prozent der Fälle schaffen es die Sanitäter, innerhalb von zehn Minuten am Einsatzort zu sein. Das Ziel ist eigentlich, dass sie es zu 90 Prozent schaffen. Immer wieder fehlt Personal, um Rettungswagen zu besetzen – so wie am vergangenen Wochenende. Ausnahmezustand ist bei Berlins Feuerwehr inzwischen Normalzustand.

Zu viele wählen wegen Banalitäten die 112

Die Ursachen sind vielfältig. Von den Spar-Orgien des SPD-geführten Wowereit-Senats („Sparen bis es quietscht“) hat sich Berlin längst nicht erholt, trotz großzügiger Einstellungsoffensiven. Es fehlt auch an Fachkräften. Berlin konkurriert mit anderen Ballungszentren. Wer als Notfallsanitäter in die Hauptstadt wechseln will, scheitert daran, dass er keine bezahlbare Wohnung findet.

Und dann dieses Anspruchsdenken: Zu viele wählen wegen Banalitäten die 112 – wegen Schlaflosigkeit, einer Verstauchung oder Dauer-Flatulenz. Sie begreifen den Rettungswagen als kostenloses Taxi zum Arzt. Andere wiederum hängen in der Warteschleife der Kassenärztlichen Vereinigung und rufen dann verzweifelt die Feuerwehr. Die büßt für das marode Gesundheitssystem. Doch wenn die Sanitäter zum Schnupfen gerufen werden – und sie sind verpflichtet, zu kommen –, können sie nicht den Schlaganfall versorgen.