Berliner Flughafen zieht Bilanz: So läuft der Sommerreiseverkehr am BER
In London Heathrow müssen Flüge gestrichen werden, Passagiere leiden unter Verspätungen. In Schönefeld sieht die Lage derzeit anders aus.

Sieben Stunden Wartezeit auf dem Flughafen Köln/Bonn, erzwungene Flugstreichungen in London Heathrow, mehr als 70 Prozent der Starts und Landungen in Brüssel verspätet. Wer in diesem Sommer mit dem Flugzeug verreisen will, muss sich auf einiges gefasst machen. Bei der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, kurz FBB, ist man froh darüber, dass zumindest der BER in Schönefeld derzeit keine Negativschlagzeilen produziert. „In den Terminals läuft ein normaler Sommerferienverkehr mit rund 65.000 Passagieren im Schnitt am Tag und stabilen und geordneten Prozessen“, sagte Flughafensprecherin Sabine Deckwerth am Montag der Berliner Zeitung.
Vor zweieinhalb Wochen begannen die Sommerferien in Berlin und Brandenburg, bis zum 19. August dauern sie noch. Traditionell ist der Urlaubsbeginn für alle, die an Flughäfen arbeiten, eine Stresszeit. Wenn dann noch Wochenenden hinzukommen, wächst das Fluggastaufkommen zusätzlich. „An Freitagen und Sonntagen nutzten durchschnittlich rund 70.000 Menschen den BER“, berichtete Deckwerth.
Flugzeuge sind im Schnitt zu 85 bis 90 Prozent ausgelastet
Die Flugzeuge sind voll. „Pro Tag gibt es am BER zirka 450 bis 500 Flugbewegungen mit einer Auslastung zwischen 85 und 90 Prozent“, berichtete die Flughafengesellschaft in Schönefeld. Doch die Unregelmäßigkeiten hielten sich in Grenzen. Wurde der Anteil der Ausfälle vor den Ferien mit rund sechs Prozent beziffert, werden nun deutlich weniger Flüge gestrichen. Im Schnitt seien es „etwa drei bis fünf pro Tag“, teilte FBB-Sprecherin Deckwerth mit. Sie nannte konkrete Zahlen für die vergangenen Tage: Am Sonnabend fiel ein Start aus, am Sonntag wurden vier Starts gestrichen, am Montag einer.
Zur Pünktlichkeit äußerte sich die Flughafengesellschaft nicht konkret. Nur so viel: „Die Mehrheit der Flüge war und ist pünktlich“, so Deckwerth. Im Juni wurden dagegen nur 48 Prozent aller Abflüge am Hauptstadtflughafen als pünktlich registriert. Ein Jahr zuvor waren es 80 Prozent, im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 immerhin 61 Prozent.
Meist liegt es nicht am BER oder den dort arbeitenden Unternehmen. Rund 60 Prozent der Verspätungen entfallen auf zwei Gründe: Entweder kommen die Maschinen schon verspätet am BER an – dann ist von „incoming“ die Rede. Oder der Grund ist im Bereich der Flugsicherung zu suchen. Was aber nicht heißt, dass das Unternehmen Deutsche Flugsicherung (DFS), das auch für den BER die Lotsen stellt, unmittelbar schuld ist.
„Das System Luftverkehr steht im Moment stark unter Druck“, sagte DFS-Sprecherin Ute Otterbein. Der Verkehr habe in Europa um 20 Prozent zugenommen. Die französische Flugsicherung in ihrer Kontrollzentrale Reims habe ein neues System eingeführt, hieß es weiter. Deshalb konnte sie im Sommer weniger Flüge kontrollieren, einen Teil davon hat die DFS übernommen.
Der Krieg in der Ukraine habe zu weiteren Belastungen geführt. „Weil der direkte Flug Richtung Osten nicht mehr möglich ist, müssen beispielsweise EU-Airlines auf dem Weg nach Asien nun weiträumige Umwege fliegen, die den Flugweg um bis zu fünf Stunden verlängern“, so die DFS. Allein dadurch habe sich das Verkehrsaufkommen im deutschen Luftraum um rund zehn Prozent erhöht.
Nutzung der Check-in-Automaten nahm um ein Drittel zu
Für die Fluggäste ist aber nicht minder wichtig, wie es um die Abfertigung in den Terminals bestellt ist. Hier hat die FBB mit ihrem neuen Geschäftsführer für den Betrieb, Thomas Hoff Andersson, wie berichtet einige Änderungen umgesetzt. Ein Beispiel: „Viele Passagiere nutzen die Self-Service-Automaten in den Terminals 1 und 2 für den Check-in. Die Nutzung der Automaten ist im Vergleich zu Pfingsten um etwa ein Drittel gestiegen“, berichtete Sabine Deckwerth.
„Wir sehen auch, dass viele Passagiere an den Vorbereitungstischen für die Sicherheitskontrolle ihr Handgepäck noch einmal sortieren.“ Dadurch werden die Security-Beschäftigten, die im Auftrag der Bundespolizei das Handgepäck untersuchen, entlastet. Konnten bisher an einer Kontrolllinie im Schnitt 85 Fluggäste pro Stunde durchgeschleust werden, sind es jetzt 110. BER-Passagiere berichteten auch, dass Flughafenmitarbeiter in den Terminals eingesetzt werden, die Passagieren bei Fragen und Problemen zur Verfügung stehen. Die Flughafengesellschaft habe aus den Problemen, die dem BER zum Beginn der Herbstferien 2021 Negativschlagzeilen verschafft hatten, offenbar gelernt, lobte ein Vielflieger. „Nach dem Herbst-Desaster wird am BER vorausschauend agiert“, so seine Einschätzung.
Ganz anders sei dagegen die Situation in London Heathrow, kurz LHR, dem wichtigsten Flughafen Großbritanniens. Dort hat die Betreibergesellschaft die tägliche Zahl der Passagiere auf circa 100.000 begrenzt, um das Chaos zu lindern. Das hatte zur Folge, dass die Fluggesellschaften Flüge streichen mussten – sehr zum Ärger der Passagiere.
„Völlig unvernünftig und inakzeptabel“
„Es ist sehr bedauerlich, dass LHR uns 36 Stunden Zeit gegeben hat, um Kapazitätskürzungen nachzukommen, eine Zahl, die aus dem Nichts gegriffen zu sein scheint“, teilte die Emirates Airline mit. Das Unternehmen sei dazu gezwungen worden, „zahlende Passagiere hinauszuwerfen“. Bei Nichteinhaltung drohten rechtliche Schritte. „Dies ist völlig unvernünftig und inakzeptabel, und wir lehnen diese Forderungen ab“, so die Airline. In Heathrow sei ein Tochterunternehmen der Emirates für die Bodenabfertigung und das Catering zuständig. Es sei „vollständig bereit und in der Lage, unsere Flüge abzufertigen. Die Krux liegt also bei den zentralen Diensten und Systemen, die in der Verantwortung des Flughafenbetreibers liegen“, so die Luftfahrtgesellschaft.
Emirates würde den Flughafen BER gern Nonstop mit dem Drehkreuz Dubai auf der Arabischen Halbinsel verbinden. Doch das staatliche Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten sieht vor, dass Emirates aktuell nur drei Flughäfen in Deutschland ansteuern darf. Das sind derzeit Frankfurt am Main, Düsseldorf sowie München. Die Industrie- und Handelskammer zu Berlin warf dem Bund eine gegen Berlin gerichtete Politik vor. Es könne nicht sein, dass die Politik die Interessen der Lufthansa schütze, bemängelte die Wirtschaftsorganisation.