Moabit ist ein Stadtteil für alle: für Junge und Alte, Arme und Angehörige der Mittelschicht, für Einheimische, Zugezogene und Touristen. Diese Moabiter Mischung mag ich. Sie ist einer der Gründe, warum ich nach 32 Jahren noch immer gerne hier wohne. Als ich 1983 mit meiner Familie nach Moabit gezogen bin, war der Kiez nicht meine erste Wahl. Ich wäre lieber in Charlottenburg geblieben. Aber dort gab es keine bezahlbaren Wohnungen. Moabit war damals ziemlich grau, lag am Rand von West-Berlin und war eigentlich nur für den Knast bekannt.
Aber Moabit ist ein lebendiger und bunter Stadtteil geworden. Ich bin wohl zur richtigen Zeit hergezogen: als vieles hier in Bewegung geriet. Man konnte mit Gleichgesinnten eine Menge erreichen. Vor 25 Jahren wollte man in Moabit frühere Fehler wie bei der Kahlschlagsanierung in Kreuzberg und Wedding vermeiden. Stattdessen setzte man auf eine behutsame Stadterneuerung, bei der sich möglichst viele Menschen einbringen konnten. Deshalb wurde der Moabiter Ratschlag als Dachverein für Bürgerinitiativen und Betroffenenräte gegründet. Ab 1992 arbeitete ich für die Kiez-Zeitschrift „Blickwinkel“, die der Moabiter Ratschlag herausgab. Seit 2000 bin ich Geschäftsführerin des Vereins.
Bars und Heuschrecken
Heute ist der Moabiter Ratschlag eine Organisation mit 40 Mitarbeitern in der Jugend-, Sozial- und Nachbarschaftsarbeit. Im Schulgarten an der Birkenstraße organisieren wir Ferienangebote und Feste. Ab Mitte März ist der Schulgarten wieder mittwochs und donnerstagnachmittags für Nachbarn geöffnet.
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Mit der Wiedervereinigung ist Moabit vom Rand ins Zentrum der Stadt gerückt. Der Stadtteil gilt bei vielen ja als trendig. Ich finde es gut, dass zum Beispiel viele junge Leute hierherkommen und neue Bars aufmachen. Aber die Entwicklung bedroht auch die Moabiter Mischung. Wenn Heuschrecken-Firmen Häuser aufkaufen und „entwickeln“, können sich viele die Mieten nicht mehr leisten.
Ich möchte nicht, dass die Gegend gentrifiziert wird und kein Platz mehr für sozial Schwächere ist. Ich wünsche mir auch, dass sich die kleinen Läden behaupten können, denn deren Inhaber interessieren sich für ihren Stadtteil.