Berliner Metzgerei für Tiere: Geschnetzeltes vom Zebra für den Hund

Berlin - Hinter Glas sind auf der Theke Würste gestapelt; Bockwurst, Leberwurst und Blutwurst sowie Knoblauchwurst aus eigener Herstellung. In Schalen liegt gewürfeltes Fleisch: Wildgulasch, 6,98 Euro das Kilogramm, Kaninchen (7,80 Euro), Lamm (7,98 Euro). Und vor dem Ladentisch stehen „die Kunden“ Schlange, aufgeregt schnüffelnd: Boxer, Pudel, Kleine Yorkshire-Terrier, aber auch Chow Chows und Windhunde. Denn der Laden am Ludolfingerplatz 2 in Frohnau ist eine Metzgerei – nur für Haustiere. Hunde, natürlich in Begleitung ihrer Halter, sind dort gern gesehen.

„Heidingsfelder Tierkost“ steht in roten Lettern über dem Eingang des Ladens. Joseph Heidingsfelder (64) hat 1973 den Meisterbrief des Fleischerhandwerks erworben. Er hat für Kaiser’s gearbeitet und für den Großhändler Metro. Dann hat sich der Hundeliebhaber tierischen Kunden zugewandt, zuerst im Großhandel Futter zubereitet, seit 25 Jahren im eigenen Geschäft.

Artgerechte Ernährung

Er sagt, dass es mittlerweile die vierte Generation von Hunden und Katzen gibt, die vor allem mit industriell gefertigtem Futter ernährt werden. „Fastfood“ nennt er Dosen- und Trockenfutter etwas abschätzig. Viele Tiere würden dadurch nicht nur dick, sondern hätten auch mit Allergien, Haarverlust und schlechtem Geruch zu tun. Der Metzgermeister propagiert dagegen eine artgerechte Ernährung mit Frischfleisch, „gut für die Gesundheit und ein langes Leben“.

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Mehr als 70 Sorten Fleisch hält Heidingsfelder bereit. Keine Schlachtabfälle, sondern lebensmittelrein, wie er betont. Das ist zwar teuerer als Dosen vom Discounter: „Aber es spart Tierarztkosten“, ist der Metzger überzeugt.

Aleksandar Mijatovic (33), Designer aus Prenzlauer Berg, ist von dem frischen Fleisch begeistert. Seit drei Monaten holt er bei Heidingsfelder einmal pro Woche Rationen für Vayu und Diego, zwei Rüden, die er in Spanien und Dubai gerettet hat. Für jedes Tier gibt es, abhängig vom Bedarf der Rasse, unterschiedliche Portions-Beutelchen: Vayu bekommt täglich 700 Gramm Fleisch, Diego etwa die Hälfte. Gemüse zum Pürieren, wichtiger Nahrungsbestandteil, kauft Mijatovic auf dem Markt am Maybachufer in Neukölln. „Vayu hatte eine Trockenfutter-Allergie, die Haut war rot und wund. Das ist jetzt weg“, sagt Mijatovic.

Die Fressgewohnheiten von Wölfen

Die Fütterung von Hunden und teilweise auch Katzen mit rohem Fleisch liegt im Trend. Dabei wird zunehmend nach einer ursprünglich aus den USA stammenden speziellen Methode verfahren: Biologisches Artgerechtes Rohes Futter (BARF). Sie orientiert sich an den Fressgewohnheiten der Wölfe und wildlebender Hunde. Für die ausgewogene Zusammensetzung von Rohfleisch, Knochen und Gemüse muss der Tierhalter sorgen. Inzwischen gibt es zahlreiche Internetforen dazu und einen florierenden Online-Versandhandel. Auch immer mehr Ladengeschäfte spezialisieren sich darauf.

In Berlin hat beispielsweise Norman Vogel unter der Marke „Barfers Wellfood“ nicht nur eine Produktion in der Großbeerenstraße in Marienfelde samt Hofladen, sondern auch ein Ladengeschäft in Kreuzberg. Das Unternehmen liefert bis nach Italien, Schweden und Österreich. Auch Metzgermeister Heidingsfelder kann sich übers Geschäft nicht beklagen. „Vor einigen Jahren hatte ich zwei feste Mitarbeiter, jetzt sind es sechs“, sagt er.

Rohfütterung ist umstritten

Die Deutschen lassen sich schließlich ihre Haustiere viel kosten. Allein im vergangenen Jahr investierten sie laut Industrieverband Heimtierbedarf rund 3,8 Milliarden Euro in Haustiere, davon etwa zwei Drittel in Futtermittel. Insbesondere für viele Hunde- und Katzenhalter in den Städten ist dabei das Beste gerade gut genug. So kommt eben auch mal frischgeschnetzeltes von Strauß oder Zebra, das Fleischermeister Heidingsfelder aus Südafrika bezieht, in die Futterschale.

Allerdings ist die Rohfütterung nicht unumstritten. Der Deutsche Tierschutzbund sagt, dass es dabei zu einer Unterversorgung mit Nähr- und Mineralstoffen sowie von Vitaminen kommen könne. Es seien auch Salmonellen-Infektionen möglich, die auch auf den Menschen übertragen werden können. Bei der Verfütterung von frischem Schweinefleisch besteht die Möglichkeit der Infektion mit der für Hunde und Katzen tödlichen Aujetzkyschen Krankheit.

Für Professor Jürgen Zentek vom Institut für Tierernährung der Freien Universität Berlin (FU) sind frische Fleischmahlzeiten für Haustiere akzeptabel, wenn die Futtergabe sachgerecht erfolge und es zu keinen Mangelerscheinungen komme: „Alles ist statthaft, solange es keinen Schaden anrichtet.“ Das sich mittlerweile viele Tierhalter Gedanken um die Ernährung ihrer Haustiere machten, sei einer gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet: „Die Wertschätzung ist anders geworden“, sagt der Wissenschaftler. Tiere seien für viele Menschen, insbesondere in den Städten, zu Familienmitgliedern geworden: „Und denen will man doch meistens das Beste geben“, sagt er.