Berliner Mieterverein kritisiert neues Gesetz: Mietpreisbremse greift bei 600.000 Wohnungen nicht
Berlin - Von der geplanten Mietpreisbremse werden in Berlin weit weniger Menschen profitieren als gedacht. Nach Berechnungen des Berliner Mietervereins (BMV) wird die neue Regelung nur bei etwa 850 000 von rund 1,45 Millionen Wohnungen in der Stadt greifen. Für rund 600 000 Wohnungen wird die Mietpreisbremse, so wie sie momentan geplant ist, dagegen keine Wirkung haben. „Es sind zu viele Ausnahmen vorgesehen“, sagte BMV-Geschäftsführer Reiner Wild am Mittwoch.
Die von der Bundesregierung geplante Mietpreisbremse sieht vor, dass die Wohnungsmieten beim Abschluss neuer Verträge die ortsübliche Miete nur um maximal zehn Prozent übersteigen dürfen. Wichtigste Ausnahme: Überhöhte Mieten, die in den vergangenen Jahren beim Abschluss neuer Verträge vereinbart wurden, müssen nicht nachträglich gesenkt werden.
Der Mieterverein geht davon aus, dass rund 450 000 Wohnungen in Berlin davon betroffen sind. Und: Wurde oder wird eine Wohnung umfassend saniert, unterliegt sie ebenfalls nicht der Mietpreisbremse. Als umfassend gilt eine Modernisierung laut dem Gesetzentwurf, wenn für die Sanierung mehr als ein Drittel der vergleichbaren Neubaukosten anfallen. Der Mieterverein schätzt, dass in den vergangenen 20 Jahren rund 35 000 Wohnungen in Berlin umfassend modernisiert wurden. Während der fünfjährigen Laufzeit der Mietpreisbremse kämen weitere rund 8 700 Wohnungen dazu. Unterm Strich würden damit rund 43 700 Wohnungen wegen umfassender Modernisierung nicht unter die Mietpreisbremse fallen.
Überschreitung möglich
Hinzu kommen die Wohnungen, die in den vergangenen drei Jahren ganz normal modernisiert worden sind. Hier dürfen die Vermieter die künftige Mietobergrenze um den Betrag überschreiten, der im Rahmen der Modernisierungsumlage vom Mieter zu zahlen ist. Wegen einer normalen Modernisierung fallen weitere rund 107 000 Wohnungen nicht unter die schärferen Bestimmungen.
Dass die Mietpreisbremse nötig ist, ergibt sich für den Mieterverein aus einer Untersuchung, die das Forschungsinstitut Regiokontext erarbeitet hat. Das Institut verglich im Auftrag des Mietervereins die Wohnungsangebote des Internetportals Immobilienscout24, die im Jahr 2013 veröffentlicht wurden, mit dem Berliner Mietspiegel aus demselben Jahr.
Angebote ausgewertet
Von rund 68 000 Mietangeboten in Berlin, die in den Vergleich einflossen, überschritten rund 87 Prozent die ortsübliche Vergleichsmiete. Der durchschnittliche Mietpreis der Angebote lag bei 8,18 Euro je Quadratmeter Wohnfläche (kalt), während sich die ortsübliche Miete laut Mietspiegel 2013 auf 5,54 Euro je Quadratmeter beläuft. In drei von vier Fällen überschritten die Forderungen der Vermieter sogar die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als zehn Prozent. Die Mietpreisbremse sei deswegen unverzichtbar, müsse jedoch nachgebessert werden, sagte Wild. So müsse beispielsweise der Bestandsschutz für eine überhöhte Vormiete sowie die Ausnahmeregelung für umfassende Modernisierungen entfallen. Auch die Anwendung des Gesetzes müsse erleichtert werden.
Bisher ist vorgesehen, dass ein Mieter die zu hohe Miete beim Vermieter „rügen“ muss. Erst vom Zeitpunkt dieser Rüge an hat er einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete. Auf die Rüge müsse verzichtet werden, so Wild.
Im Gegensatz zum Mieterverein halten Vermieter wenig von dem geplanten Gesetz. „Die Mietpreisbremse schafft nicht eine einzige zusätzliche Wohnung“, kritisiert Maren Kern, Chefin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). „Statt mehr Regulierung brauchen wir deshalb mehr geförderten Neubau. Hierfür müsste das Land pro Jahr 200 Millionen Euro in die Hand nehmen“, forderte Kern.