Berliner U-Bahn-Netz: U-Bahn-Linie 5: Bauen unter Beobachtung
Berlin - In Mitte, schräg gegenüber dem Roten Rathaus, hat am Dienstag das größte innerstädtische Verkehrsbauprojekt der kommenden Jahre begonnen: der Weiterbau der U-Bahn-Linie 5. „Nun kann es endlich losgehen“, sagte Sigrid Evelyn Nikutta, Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Dann drückte sie mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf einen knallroten Knopf – röhrend setzte sich ein Bagger in Bewegung. Er wühlt sich nun an die 40 Meter tief ins Erdreich. So entsteht die Grube auf dem Marx-Engels-Forum, in der im Frühjahr 2013 eine Tunnelbohrmaschine zu ihrer ersten unterirdischen Tour aufbrechen soll.
Ernst wird es nicht nur für die Bauleute. Eins ist klar: „Ohne Beeinträchtigungen lässt sich so ein Bauprojekt nicht verwirklichen“, sagte Nikutta. Das ist schon bald dort zu spüren, wo die Friedrichstraße Unter den Linden kreuzt. Dort entsteht in einer 25 Meter tiefen Baugrube der U-Bahnhof Unter den Linden.
Ab Juni gesperrt
Im Juni beginnen die ersten Arbeiten und Sperrungen, so Reinhard Mechtler von der Ingenieurgemeinschaft Neubau U 5. Ab Juli wird dann der Verkehr auf der Nordfahrbahn Unter den Linden konzentriert. Die Südfahrbahn wird für die Baugrube weggebaggert, die Friedrichstraße gesperrt. Voraussichtlich bis Anfang 2014 werden die „Linden“ an dieser Stelle zudem zur Einbahnstraße, die nur in Richtung Brandenburger Tor befahren werden darf. Die Gegenrichtung ist Bussen vorbehalten.
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Auch die U 6 ist betroffen. „Vom 1. Juli 2012 bis Oktober 2013 fahren zwischen Friedrich- und Französische Straße keine U-Bahnen“, sagte Jörg Seegers, Projektleiter der BVG. Alternative: die Busse der Linie 147. Nikutta rät, die 530 Meter zu laufen.
Wowereit: „Ein bisschen Angst“
„Ein bisschen Angst kann man schon kriegen, als Sie die Baumaßnahmen geschildert haben“, sagte Wowereit der BVG-Chefin. Er ist wohl der prominenteste Baustellen-Anlieger. Von seinem Dienstzimmer im Roten Rathaus kann er die Bagger hören, und er wird in die Baugrube sehen können, die vom 8. Januar 2013 an für den Bahnhof Berliner Rathaus entsteht. „Ich schaue zu. Und wenn mir auffällt, dass etwas schief läuft – ich habe Ihre Telefonnummer gespeichert.“ Nikutta lächelte, wenn auch etwas gequält.
Auf die Frage, ob der 2,2 Kilometer lange U-Bahn-Lückenschluss im grundwassergesättigten Boden zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor wirklich wie geplant bis Juli 2019 fertig wird, antwortete sie nicht. Am Leipziger Platz bekommen die U-2-Fahrgäste zu spüren, dass auch kleine Havarien große Wirkungen haben können: Dort war am 30. März an einer Baustelle Wasser ausgetreten. Die BVG befürchtet, dass der nebenan verlaufende U-Bahn-Tunnel unterspült worden ist. Die U 2 ist seitdem unterbrochen – voraussichtlich noch bis Mitte Mai.
Risiken und Gefahren
„Solche Havarien lassen sich nicht planen, sie kommen in unserem Zeitplan nicht vor“, sagte Seegers. Doch die BVG habe mit Mess- und Sicherungssystemen dafür gesorgt, dass Störfälle nicht eintreten können. „Tunnelbau ist eine gefährliche Arbeit“, sagte Roland Koch. Der frühere hessische Ministerpräsident ist Chef des Baukonzerns Bilfinger Berger, der die U 5 baut. „Wir wissen, dass es Risiken gibt.“ In Köln ist das Unternehmen an einem U-Bahn-Vorhaben beteiligt, das 2009 Schlagzeilen machte: Weil eine Grube einstürzte, starben zwei Menschen. Koch: „In Berlin haben wir mehr als 30 U-Bahn-Projekte realisiert. Wir haben ein hartes Qualitätsmanagement entwickelt und werden mit höchster Sorgfalt arbeiten.“
Mehr als 433 Millionen Euro soll und darf der U-5-Lückenschluss nicht kosten, so Nikutta. Allerdings sind von den 27 Millionen Euro, die für Unvorhergesehenes zur Seite gelegt wurden, schon elf Millionen Euro verplant – etwa für höhere Versicherungsprämien. Das Geld hätte man besser in vielen Straßenbahnprojekten anlegen können, meinte Stefan Kohte vom Verkehrsclub Deutschland. Doch Wowereit lässt auf die U 5 nichts kommen: Die neue Ost-West-Trasse trage zur „Weiterentwicklung der Stadt“ bei.