Berliner Wasserbetriebe: Berlins Wasser: Zum Wohle!
Der Senator war sichtlich stolz auf dieses Verhandlungsergebnis: Noch einmal 590 Millionen Euro, verlässlich finanziert aus künftigen Mehreinnahmen – und dann gehören die Berliner Wasserbetriebe (BWB) wieder ganz und gar dem Land. Der persönliche Triumph des Finanzsenators, Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD), erklärt sich aber nicht nur daraus, dass in den vergangenen Wochen von deutlich höheren Summen die Rede war, die das Land an den letzten privaten Anteilseigner Veolia zahlen werde. Es ist auch ein Sieg gegenüber dem Koalitionspartner im rot-schwarzen Senat, insbesondere dem Justizsenator und CDU-Vize Thomas Heilmann. Denn der hatte im vorigen Jahr ebenfalls – ohne Nußbaum vorher zu informieren – Gespräche mit Veolia geführt. Das Ziel der unternehmensfreundlichen Christdemokraten war freilich, Veolia im Land zu halten.
Risikofreies Geschäft
Es kommt jetzt wohl anders. Sowohl der Senat als auch die Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus dürften dem von Nußbaum vorgeschlagenen Deal zustimmen. Das Argument dafür ist schlagend, denn die Wasserversorgung ist ein aufwändiges, aber nahezu risikofreies Geschäft. Wasser wird immer gebraucht, über Einnahmen in entsprechender Höhe lässt sich also auch ein langfristiger Kredit refinanzieren. Rechnet man den Rückkaufpreis für den knapp 25-prozentigen Anteil von Veolia (590 Millionen Euro) und den bereits 2012 erworbenen gleich großen Anteil von RWE (618 Millionen Euro) zusammen, kommt man auf gut 1,2 Milliarden Euro. Diese Summe kostet voraussichtlich über einen Zeitraum von dreißig Jahren rund sechzig Millionen Euro Zins und Tilgung für die Finanzierung eines Kredits der landeseigenen Investitionsbank IBB. Die Kreditraten zahlen zwar die Wasserkunden über den Preis. „Aber das Geld geht nicht mehr in private Hände, sondern dient dem Vermögensaufbau des Landes Berlin“, erklärt Nußbaum. Von Preissenkungen will der Senator daher auch erst einmal nichts wissen.
Der Koalitionspartner dagegen schon. Für die CDU sei die Balance zwischen berechtigter Entlastung der Wasserkunden und möglichen Gewinnen für das Land von entscheidender Bedeutung, erklärte ihr Wirtschaftsexperte Heiko Melzer am Dienstag. Die Christdemokraten wollen prüfen, ob über die bereits verabredete Preissenkung beim Trinkwasser hinaus – rund 60 Millionen Euro pro Jahr, das sind für jeden Wasserkunden etwa 13,50 Euro – noch mehr möglich ist. Das Bundeskartellamt hatte 2012 eine Senkung in dieser Höhe verfügt, die Wasserbetriebe haben dagegen geklagt. Wie der Gerichtsstreit ausgeht, ist unklar. Theoretisch kann das Land die Wasserpreise senken. Bislang schreckte man davor jedoch zurück, weil ein Ausgleich für die privaten Anteilseigner fällig gewesen wäre, die aufgrund ihrer Verträge einfach weiterkassiert hätten.
Anhängige Verfassungsklagen
Während die SPD Nußbaums Verhandlungsergebnis begrüßte und sich als Garant für Rekommunalisierung inszeniert, bleibt die Opposition skeptisch. Der Wasser-Experte der Linken, Parteichef Klaus Lederer, nannte den Deal unsozial. Der Senat wolle abkassieren, statt Verantwortung für sozial gerechte Preise zu übernehmen. Auch die Beschäftigten der BWB würden unter weiteren Kürzungsdruck geraten. Heidi Kosche von den Grünen, Unterstützerin der „Wassertisch“-Initiativen, forderte, dass die Bürger nicht belastet werden dürften.
Im Jahr 2011 hatte ein erfolgreicher Volksentscheid mit dem Slogan „Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ Handlungsdruck geschaffen. Die Wassertisch-Initiativen forderten am Dienstag unter anderem mehr Einfluss der Bürger auf das Unternehmen. Der Rückkaufpreis sei zu hoch. Einer der Wassertisch-Sprecher, Wolgang Rebel, sagte, es sei falsch, das Ergebnis zweier anhängiger Verfassungsklagen der Grünen und der Piraten gegen die Wasserverträge nicht abzuwarten. „Das könnte noch billiger werden“, sagte Rebel.