Besetzung der Humboldt-Universität Berlin: „Wir haben die Mauern der Universität ein Stück weit eingerissen“
Vier Wochen sind rum, der Beginn der Semesterferien erreicht, die zentrale Forderung zudem erfüllt: Die Unterstützer des Stadtsoziologen und kurzzeitigen Wohnungsbau-Staatssekretärs Andrej Holm (parteilos, für Linke) haben ihre Besetzung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt Universität (HU) an diesem Donnerstag beendet.
Dass die Hochschule Holms Kündigung in der vorigen Woche zurückzog, sei ein „klarer politischer Erfolg gewesen“, sagte eine Sprecherin namens Sanna bei einer Pressekonferenz. „Es ging uns aber von Anfang an um viel mehr. Holms Entlassung war für uns der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“
Kritik an der Exzellenzinitiative
So wollten sich die Besetzer denn auch nicht richtig verabschieden. Einen Raum würden sie weiternutzen – selbstverwaltet, wie sie das nannten. Neue Aktionen werde es auch geben, über die aber noch nichts verraten wurde. Vor allem aber stellten sie einen umfangreichen Forderungskatalog auf, den sie am Donnerstag vorstellten.
Das Papier, das nach Angaben der Aktivisten in den vergangenen Wochen im Dialog erarbeitet wurde, beschäftigt sich tatsächlich kaum noch mit der Causa Holm. Zur Erinnerung: Der Wissenschaftler, der sich mit der Verdrängung ärmerer Schichten aus den Innenstädten beschäftigt, musste sein Staatssekretärsamt wegen seines Umgangs mit seiner kurzzeitigen Stasi-Tätigkeit aufgeben. Kurz nach seinem Rücktritt entließ ihn auch die HU, weil er bei seiner Einstellung und auch in der Folge falsche Angaben dazu gemacht hatte. Später revidierte HU-Präsidentin Sabine Kunst diese Entscheidung jedoch.
Holm stünde für kritische Lehre und Forschung, und die sehen die Aktivisten auch auf andere Weise bedroht. Sie wollen mehr Geld für die Hochschulen – worauf sich die rot-rot-grüne Koalition in ihrem Koalitionsvertrag bereits konkret geeinigt hat. Sie fordern, dass die HU aus der Exzellenzinitiative des Bundes aussteigen soll. „Seitdem die HU zur Exzellenzinitiative gehört, wurden Fakultäten drastisch zusammengestrichen, gerade kleinere Institute haben darunter gelitten“, sagte eine Aktivistin. Gerade das Sozialwissenschaftliche Institut sei davon betroffen gewesen.
Zu den Forderungen gehören darüber hinaus bessere Beschäftigungsbedingungen für Wissenschaftler und studentische Hilfskräfte und die Rücknahme eines Kürzungsplans, in dessen Rahmen die Fakultäten Sparvorschläge in Höhe von 8 Prozent ihres Budgets vorlegen sollen. Einen solchen Kürzungsplan gibt es nach Auskunft von HU-Sprecher Hans-Christoph Keller allerdings nicht. Die HU erarbeite vielmehr derzeit einen neuen Strukturplan. Es ginge dabei aber nicht um Kürzungen, sondern um die Umverteilung von Mitteln.
Ein Studentendorf für Mitte
Ein zweiter Teil des Forderungskatalogs beschäftigt sich mit Stadtpolitik: Berlin solle eine Mietobergrenze von 5 Euro pro Quadratmeter im sozialen Wohnungsbau einführen und leerstehende Wohnhäuser beschlagnahmen. Außerdem wollen die Aktivisten von der HU ein selbstverwaltetes Studentenwohnheim in der Nähe des Campus, ähnlich wie es die FU am mit dem Studentendorf Schlachtensee hat.
Insgesamt zeigten sich die Aktivisten zufrieden. 200 Veranstaltungen hätten sie während der Besetzung abgehalten, an denen 4000 Personen teilgenommen hätten, zu einzelnen Terminen kamen bis zu 200 Leute. „Wir haben die Mauern der Universität ein Stück weit eingerissen“, gab sich ein Student überzeugt.