Mieter dringend gesucht: Plattenbau für Biber in Berlin ist immer noch leer

In bester Charlottenburger Uferlage ist eine Biberburg aus Beton entstanden. Eines von vielen Projekten des Wasserstraßen-Neubauamts – ein Überblick. 

Ein Biber unterwegs. Europas größtes Nagetier ernährt sich vegetarisch und kann einen Meter lang werden. Der Bestand in Berlin wird auf rund hundert Tiere geschätzt – Tendenz zunehmend.
Ein Biber unterwegs. Europas größtes Nagetier ernährt sich vegetarisch und kann einen Meter lang werden. Der Bestand in Berlin wird auf rund hundert Tiere geschätzt – Tendenz zunehmend.Ben Birchall/PA Wire/dpa

Ein modernes Domizil in Wasserlage mit geräumigem Wohnbereich, großzügigem Zugang und dauerhaft mietfrei: Viele Menschen in Berlin wünschen sich das. Doch dieses Angebot ist für Europas größtes Nagetier gedacht. Auf der Charlottenburger Wehrinsel, nicht weit vom Schloss entfernt, versteckt sich ein Plattenbau für Biber – der einzige in der Region. Doch die Anlage, die rund 50.000 Euro gekostet hat, steht auch nach mehr als einem Jahr immer noch leer. „Bislang wollte noch kein Biber einziehen“, sagte Rolf Dietrich, Leiter des Wasserstraßen-Neubauamts Berlin. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung informierte der Amtschef über Bauprojekte an Flüssen und Kanälen.

Der Biber ist eine streng geschützte Art. Er darf nicht getötet oder geschädigt werden. Röhren, Baue und Dämme sind ebenfalls geschützt. Als bei der Instandsetzung des Ufers der Wehrinsel Charlottenburg eine bewohnte Biberröhre zerstört werden musste, war schon rein rechtlich klar, dass Ersatz geschaffen werden muss.

Eine Anregung kam aus der Schweiz: Dort haben sich künstliche Biberburgen bewährt. Die Bauten, deren Kosten dort auf umgerechnet bis zu 24.000 Euro beziffert werden, erfreuen sich bei den Nagetieren großer Beliebtheit. Und so planten Heike Barth und ihr Team vom Wasserstraßen-Neubauamt Berlins ersten Plattenbau für Biber.

Auch Fischotter sind auf der Spree in Charlottenburg unterwegs

Seit Herbst 2021 ist das Domizil aus Betonfertigteilen bezugsbereit. Von der Wohnhöhle aus Beton führt ein unterirdischer Gang hinunter in die Spree. Er besteht aus Betonrohren mit 50 Zentimeter Durchmesser, in die Sand geschüttet wurde, damit das Ganze etwas natürlicher aussieht. Wie bei natürlichen Biberburgen mündet die Ein- und Ausstiegsöffnung in den Fluss. Der Zugang zu einem Biberbau muss unter Wasser liegen.

Ein Biber unterwegs auf der Wehrinsel Charlottenburg. Eine Wildtierkamera hat ihn auf der Treppe fotografiert.
Ein Biber unterwegs auf der Wehrinsel Charlottenburg. Eine Wildtierkamera hat ihn auf der Treppe fotografiert.Wasserstraßen-Neubauamt Berlin

Zu der Anlage gehört eine Treppe, die es Tieren erleichtert, vom Fluss ans Ufer zu gelangen. „Die Wildausstiegstreppe wird gut genutzt“, berichtete Rolf Dietrich an diesem Freitag. Offensichtlich gibt es auch in diesem Bereich der Berliner Wasserstraßen eine reichhaltige Tierwelt. Fischotter nutzen die Treppe häufig, wie Aufnahmen der dort postierten Wildtierkamera zeigen. Biber kommen ebenfalls gern vorbei. Nagespuren auf der Wehrinsel und anderen Uferbereichen, etwa im Charlottenburger Schlossgarten, deuten auf dauerhafte Ansiedlungen einer größeren Population hin.

Doch leider hat sich bislang kein Biber dazu entschlossen, sein Domizil in den extra für seine Tierart angelegten künstlichen Bau zu verlegen. Die zweite Kamera, deren Objektiv in die Beton-Biberburg hineinschaut, hat noch immer keinen Einzug dokumentiert. Warum die Wohnhöhle weiterhin leer ist, darüber kann auch Amtsleiter Rolf Dietrich nur rätseln. Dabei war das Projekt mit dem ehrenamtlichen Biberbeauftragten von Berlin, Manfred Krauß, abgestimmt. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass der Biberbau bezogen wird“, so Dietrich. Für ihn sei das nur eine Frage der Zeit, sagte er am Freitag.

Spandauer Horn verschwindet – nun haben die Bauarbeiten begonnen

Wenige Kilometer westlich fiel am Mittwoch der Startschuss zu einem deutlich größeren Projekt. Das Spandauer Horn, die Landzunge an der Mündung der Spree in die Havel, wird weggebaggert. „Am 1. Februar haben die eigentlichen Bauarbeiten begonnen“, bestätigte der Chef der Bundesbehörde. Bisher ist das Horn Schiffen im Weg, die an diesem Knotenpunkt des Berliner Wasserstraßennetzes um die Ecke fahren wollen. Weil es weit in die Spree ragt, müssen die Schiffsführer derzeit noch fast zehn Kilometer Umweg einplanen. Nun werden 3100 Quadratmeter Ufer entfernt.

Ein schwimmender Bauzug wartet auf der Havel in Spandau auf seinen Einsatz. Er wird dafür eingesetzt, das Spandauer Horn an der Spreemündung wegzubaggern. Im Hintergrund die Juliusturmbrücke.
Ein schwimmender Bauzug wartet auf der Havel in Spandau auf seinen Einsatz. Er wird dafür eingesetzt, das Spandauer Horn an der Spreemündung wegzubaggern. Im Hintergrund die Juliusturmbrücke.Wasserstraßen-Neubauamt Berlin

„Dadurch wird eine direkte Einfahrt von bis zu 110 Meter langen Wasserfahrzeugen aus der Spree in die Schleuse Spandau und zur Havel-Oder-Wasserstraße möglich gemacht“, teilte das Amt jetzt mit. Nebenan entsteht eine 15 Meter breite Wartestelle. Sie wird benötigt, weil in diesem Bereich ein Richtungsverkehr eingeführt wird. Künftig gelte der Wasserweg im westlichsten Berliner Bezirk auf fast zehn Kilometer Länge für Schubverbände als wechselseitige Einbahnstraße, bekräftigte Rolf Dietrich. Mit begrenztem Tempo geht es dann mal in die eine, dann in die andere Richtung.

Platz für den geplanten Spreeradweg von Spandau nach Charlottenburg

Weil das Ufer auch rund um die Wartestelle umgestaltet wird, entstehen neue Landflächen. Das verschafft dem Senat die Möglichkeit, in diesem Bereich seine Pläne für den Bau eines Uferradwegs weiter zu verfolgen. Darauf ist das Land Berlin auch angewiesen, denn die benachbarten Gewerbeanlieger wollen keine Grundstücksbereiche abgeben. Der Spreeradweg wird Spandau in Zukunft mit Charlottenburg und anderen Teilen Berlins verbinden. Spreeaufwärts soll eine Brücke den Weg auf die Südseite leiten.

Spandau und seine Flüsse aus der Luft. Im Bildteil oben links mündet die Spree in die Havel. Noch behindert dort eine Landzunge, das Spandauer Horn, den Schiffsverkehr. Demnächst wird sie weggebaggert.
Spandau und seine Flüsse aus der Luft. Im Bildteil oben links mündet die Spree in die Havel. Noch behindert dort eine Landzunge, das Spandauer Horn, den Schiffsverkehr. Demnächst wird sie weggebaggert.Wasserstraßen-Neubauamt Berlin

Der zwei Kilometer lange Bauabschnitt, in dem die Arbeiten bis Ende 2024 abgeschlossen werden sollen, gehört zu einem größeren Vorhaben: dem Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE) 17. Der 240 Kilometer lange Wasserweg zwischen Niedersachsen und Berlin wird neu-, aus- und umgebaut. 1993 begannen die Arbeiten, 2030 sollen sie enden. Aktuell beziffert der Bund die Kosten auf 2,367 Milliarden Euro.

Vorbereitungen für den Neubau der Marggraffbrücke haben begonnen

Der Ausbau der Berliner Nordtrasse, zu der das Spandauer Horn gehört, soll 58 Millionen Euro kosten und bis 2029 dauern. Das anfangs befürchtete „Baummassaker“ wird es nicht geben. „Wir haben die Naturschützer an den Planungen beteiligt“, sagte Rolf Dietrich. Zwischen der Rohrdammbrücke und dem Pichelsdorfer Gemünd in Spandau werden knapp 90 Bäume werden gefällt – ursprünglich war von tausend die Rede. Nur 30 Prozent der Strecke werden vertieft, im Schnitt um 20 Zentimeter. An 20 Prozent der Ufer sind Sicherungsmaßnahmen geplant. Anfangs waren größere Eingriffe vorgesehen.

Auch in anderen Teilen Berlins nimmt das Wasserstraßen-Neubauamt in diesem Jahr Bauvorhaben in Angriff. So haben für den Neubau der Marggraffbrücke, die im Zuge einer wichtigen Straßenverbindung zwischen Baumschulenweg und Schöneweide den Britzer Verbindungskanal überspannt, die Vorbereitungen begonnen. Ende 2026 soll die neue Überführung, die wie die alte aus zwei Überbauten bestehen wird, fertig sein. Die Brücke wird ebenfalls dafür ausgelegt, auch eine Straßenbahnstrecke zu tragen.

Wehr Mühlendamm bekommt eine Fischaufstiegstreppe

In der historischen Mitte entsteht das Wehr Mühlendamm neu. Es gehört zu einem System von Wasserbauten, das viele Berliner nicht kennen – der Stadt aber große Schäden erspart. Als Teil der Wasserhaltung trägt das Wehr dazu bei, dass der Wasserstand bis hin zum Müggelsee und nach Kleinmachnow immer ausreicht.

Bei diesem Projekt spielt der Naturschutz ebenfalls eine wichtige Rolle, so Amtsleiter Dietrich. Rund die Hälfte der vom Bund finanzierten Aufwendungen in Höhe von 42 Millionen Euro kommt einer Anlage zugute, in der Fische auf- und absteigen können. Selbst große Welse können Berlins Innenstadt künftig bequem durchqueren. Bislang sind sie darauf angewiesen, sich in der Mühlendammschleuse durchschleusen zu lassen. 

Bedenken gegen den Neubau eines U-Bahn-Tunnels unter der Spree

Ebenfalls in Mitte befindet sich der Schauplatz eines weiteren geplanten Verkehrsprojekts. Wie berichtet wollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) den maroden Waisentunnel, der die U-Bahn-Linien U8 und U5 verbindet, auf dem 180 Meter langen Abschnitt unter der Spree ab 2024 abbrechen. Damit das bis 2017 für Betriebsfahrten genutzte Bauwerk neu errichtet werden kann, sehen die Pläne des Landesunternehmens vor, die Spree neben der Jannowitzbrücke teilweise trockenzulegen. Nun hat die BVG Unterlagen für die Planfeststellung, also für das Genehmigungsverfahren, vorgelegt.

Doch aus der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes kommt Kritik. Würden die Pläne in dieser Form umgesetzt, würde die Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße behindert, hieß es dort. Die BVG habe nicht untersuchen lassen, ob die Verbindung leistungsfähig bleibt, wenn die Spree auf breiter Front gesperrt wird. Dem Vernehmen nach sollen jeweils bis zu drei Viertel des Querschnitts zur Baustelle werden. Nicht ausreichend berücksichtigt wurde auch, wie sich die Bauarbeiten auf die Wasserhaltung auswirken und ob der gesperrte Bereich Eisdruck standhält.