Bildung: Vorstoß der Berliner SPD: Saleh will Brennpunktprogramm auch für Berufsschulen

SPD-Fraktionschef Raed Saleh will das Bonusprogramm für Brennpunktschulen auch auf die beruflichen Schulen ausweiten. Einem entsprechenden Antrag haben Vorstand und Fachpolitiker der Fraktion bereits zugestimmt. Der Senat wird in dem Beschluss aufgefordert zu prüfen, welche staatlichen Berufsschulen die Voraussetzungen dafür erfüllen. Saleh geht davon aus, dass von den gut 40 Oberstufenzentren und beruflichen Schulen mindestens ein Viertel die Voraussetzungen erfüllen.

Saleh hatte bereits gemeinsam mit Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) das Bonusprogramm für die allgemeinbildenden Schulen durchgesetzt. Seit Februar 2014 erhalten 216 Schulen, abhängig vom Anteil armer Kinder, Unterstützung von bis zu 100.000 Euro pro Schuljahr – um benachteiligten Schülern zu helfen. Das Geld wird investiert in Sozialpädagogen, Theaterprojekte, Sprachkurse, Anti-Gewalt-Trainings, Eltern-Coaches oder in die Schulbibliothek. Über die konkrete Mittelvergabe entscheiden die Schulen selbst. So soll es auch bei den Berufsschulen sein. „Wir wollen keine Schule zurücklassen, egal, wie groß ihre Herausforderung ist“, sagte Saleh.

Einige Schulleiter hatten zwar zunächst den zusätzlichen bürokratischen Aufwand beklagt, aber das Geld nahmen sie doch gerne. Das Bonusprogramm, das ursprünglich gegen den Willen von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) eingeführt worden war, kostet bisher gut 15 Millionen Euro jährlich. Scheeres hatte lieber einen finanziellen Schwerpunkt bei der Inklusion setzen wollen. Doch Saleh betont, dass auch die hier angestrebte soziale Teilhabe dem Inklusionsgedanken Rechnung trage. Dieses Mal begrüßte es Scheeres, dass man den Blick auch auf die Berufsschulen weite.

Reizthema Inklusion

Intern geht man in der SPD-Fraktion davon aus, dass die Ausweitung des Bonusprogramms auf die Berufsschulen ab 2016 jährlich einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag kosten wird. Unklar ist noch, nach genau welchen Kriterien das Geld verteilt werden soll. Sozialdaten von OSZ-Schülern in der dualen Ausbildung werden bisher nicht erfasst. Saleh machte klar, dass das Vorhaben bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen berücksichtigt werden soll. Strittig ist noch, ob und wie Privatschulen auch von einem Bonusprogramm profitieren werden.

Um einen viel, viel größeren Posten Geld wird verhandelt, wenn es um das Thema Inklusion geht. Denn das Berliner Schulsystem soll in den nächsten Jahren so umgebaut werden, dass deutlich mehr Kinder mit Behinderungen die Regelschulen besuchen können. Die einflussreiche Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat am Donnerstag ihre Forderung für zusätzliche Stellen vorgelegt. Alles in allem fordert man nicht weniger als 2?540 zusätzliche Stellen für Lehrer und Erzieher.

Mehr Internationalität

„Man kann nicht immer nur sagen, es sei eh kein Geld da“, sagte die GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt. Die GEW fordert die Anhebung der Förderstunden auf 3,5 Stunden pro Woche, um Kindern mit Behinderung gerecht zu werden. Derzeit sind es nur noch 1,5 bis 2 pro Woche, vor 15 Jahren waren es noch gut 5 Stunden. Das allein würde 510 zusätzliche Stellen notwendig machen. Damit an jeder Schule Fortbildung für Inklusion angeboten werden kann, seien weitere 1000 Stellen notwendig. Außerdem sollen Klassen kleiner und Lehrer bei Fortbildungen eine Stunde weniger unterrichten – macht noch einmal 1000 Stellen mehr. „Die Lehrer und Erzieher dürfen nicht immer den Eindruck haben, dass ihnen nur wieder Mehrarbeit aufgebürdet wird“, sagte Baumgardt. So könne die Inklusion nicht gelingen.

GEW-Schulreferentin Klaudia Kachelrieß verwies inhaltlich darauf, dass an einer inklusiven Schule ja auch das Thema der Leistungsbewertung neu diskutiert werden müsse. Auf jeden Fall stelle es eine große Herausforderung dar, völlig verschiedenartigen Schülern in einer Lerngruppe gerecht zu werden. Reformbedarf sahen die GEW-Vertreter auch bei den Schulhelfern, die etwa Diabetiker-Kindern oder Autisten den Schulbesuch ermöglichen. Perspektivisch wäre hier mehr heilpädagogische Kompetenz angebracht, hieß es.

Wie eine Forsa-Umfrage für die CDU-Fraktion ergab, befürwortet eine große Mehrheit der Berliner trotz aller Inklusions-Bemühungen in den Regelschulen den Erhalt der Förderschulen für Kinder mit Behinderungen. 90 Prozent der Befragten sagten, diese Schulen seien wichtig oder sehr wichtig.

85 Prozent für spätere Einschulung

Weitere Ergebnisse der Umfrage: 85 Prozent der Berliner sprechen sich für einen späteren Einschulungstermin bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Früheinschulung aus. Zudem fanden die Meinungsforscher heraus, dass es 21 Prozent der Berliner sehr gut und 35 Prozent gut fänden, wenn die Gymnasien selbst entscheiden könnten, ob sie mit der 5. oder der 7.?Klasse beginnen. Laut Koalitionsvertrag ist das bisher nur 70 Klassen erlaubt. „Die Berliner wollen hier mehr Vielfalt“, so CDU-Fraktionschef Florian Graf.

Laut Forsa finden es auch 85 Prozent der Berliner sehr wichtig oder wichtig, dass es Angebote zweisprachiger Klassen an staatlichen Schulen gibt. Hier müssten weitere Standorte entwickelt werden, sagte CDU-Bildungspolitikerin Hildegard Bentele.