Bob Carey im Tutu in Berlin: "The Tutu Project": Tüll am Tor

Also gut, so kalt war es ja wirklich nicht. Da hat Bob Carey schon bei schlimmeren Temperaturen draußen gestanden. In New York etwa, da lag der Schnee eine Handbreit hoch, die Temperaturen waren deutlich unter Null und Carey hatte nur sein rosa Ballettröckchen an. Das Brandenburger Tor war gestern wettertechnisch für den Amerikaner da eher harmlos – bei ein paar Grad über null. Exakt um 10.13 Uhr war Carey vor dem deutschen Nationalsymbol nackt – oder was prüde Amerikaner darunter verstehen – denn unter dem rosa Fummel trägt der Mann natürlich noch eine gleichfarbige Boxershorts. Mit freiem Oberkörper und nackten Füßen machte der eher untersetzte 52-Jährige dann ein paar Luftsprünge. Da sah er aus wie ein taumelnder, angetrunkener Schmetterling, dem der nötige Auftrieb fehlte. Aber die Dutzenden Filmteams und Fotografen drückten begeistert ab.

Dabei waren die Vorarbeiten nicht so einfach. Es regnete und die Kreidemarkierung, die die genaue Mitte vor dem Brandenburger Tor darstellt, war ganz schnell wieder weggeschwemmt. Genau dort sollte Carey eigentlich nackt im Tüll stehen und springen. Kurzes Nachdenken, dann wurde die Stelle mit einem Papiertaschentuch markiert. Von dort sollte Carey schließlich seine erotische Schwungmasse aktivieren. Und das tat er dann auch mit Temperament.

Carey springt und entkleidet sich übrigens für eine gute Sache. „The Tutu Project“ heißt das Ganze. Der Auslöser war die Krebserkrankung seiner Frau. Linda bekam vor zehn Jahren Brustkrebs und Bob wollte etwas tun, um sie in dieser Situation etwas aufzuheitern. Und weil der gelernte Fotograf sich auch schon immer selbst abgelichtet hatte, kam er auf die Idee mit dem rosa Tutu – dem steif abstehenden Tüllrock.

Carey hat sich deshalb schon an Dutzenden Orten mit seinem rosa Röckchen ablichten lassen: Natürlich zuerst an allen relevanten Orten in den Staaten: Der Golden Gate Bridge in San Francisco, dem Lincoln Memorial in Washington und dem Times Square in New York, natürlich auch am Grand Canyon im Bundesstaat Arizona.

Regieanweisung fürs Umarmen

Der Mann mit dem rosa Tüllfummel ist nun selbst ein Prominenter. Ein Ehepaar aus Israel erkennt den Fotokünstler spontan und will sich mit ihm natürlich ablichten lassen. Bob ist gewissermaßen eine „Weltperson. Daher haben die amerikanischen Produzenten, die von der ganzen Sache auch noch einen Film drehen, vier junge Leute mitgebracht – und die begrüßen Bob auf Regieanweisung ganz spontan. „Hi Bob, nice to see you here“, so soll das klingen, und das tut es dann auch vor laufenden Kameras. „Wonderful, great“, wird gerufen. Und aus der Regie gibt es auch noch wichtige Hinweise für eine ganz schnelle und spontane Umarmungen.

Schließlich sammelt Carey mit seinem Projekt auch ordentlich Spendengelder für krebskranke Frauen ein. Seine Frau Linda ist während der Dreharbeiten mit dabei. Die beiden sind das erste Mal in Berlin. „Das ist eine wunderbare Stadt“, sagt sie. „Berlin is great“, ergänzt ihr Gatte. Er hat ja inzwischen auf seiner Werbetour schon allerhand von der Welt gesehen. Die USA, Italien, Kanada – und nun Deutschland. 107 Orte sind es inzwischen, an denen Bob sein Tutu angezogen hat.