Breslauer Platz: Bäum, Brunnen, keine Autos

Berlin - Am Anfang war große Empörung, auf einer Bürgerversammlung im Friedenauer Rathaus vor etwa zwei Jahren. Es ging um die seit langem fällige Neugestaltung des Breslauer Platzes im Schöneberger Ortsteil Friedenau. Das Bezirksamt stellte Pläne vor, die aber auf den entschiedenen Widerstand des Publikums stießen. „Für mich war klar: So kann's nicht werden für die nächsten 50 Jahre“, sagt Uwe Elfert. Lieblos sei das Vorhaben gewesen. „Teurer Belag, gerade einmal drei Bänke und ein Baum“, sagt Joachim Glässel (61). Wenig Aufenthaltsqualität für 700.000 Euro. „Da haben wir spontan eine Bürgerinitiative gegründet. Noch am selben Abend.“

Gemeinsam mit dem Bezirksamt

Joachim Glässel, Uwe Elfert und drei weitere Mitstreiter stehen auf dem Breslauer Platz, nur wenige Meter vom Eingang des Friedenauer Rathauses entfernt. Das Pflaster ist marode. Der Platz habe kein Gesicht, sagen sie. Auch, weil die Fläche an marktfreien Tagen als Parkplatz genutzt wird und mit Straßenschildern vollgestellt ist.

Glässel, von Beruf Architekt, hält einen Plan in der Hand. Er zeigt den Platz in seiner zukünftigen Form. Die Bürgerinitiative (BI) hat die Umgestaltung kurzerhand selbst in die Hand genommen. Friedenauer aus verschiedenen Berufen haben sich zusammengetan. „Es geht hier um den ersten traditionellen Marktplatz in Berlin, der seit etwa 1870 durchgängig in Benutzung ist“, sagt Gregor Mann, pensionierter Verfahrenstechniker.

Lesungen in der öffentlichen Toilette

Nach dem Entwurf der BI soll die Lauterstraße an der Westseite des Platzes für den Verkehr geschlossen werden. Mindestens sieben Bäume sollen neu gepflanzt und dem Areal ein grüneres Gesicht geben. Für den Platz wünschen sich die Friedenauer einen Brunnen und einen Boden aus Granitplatten, in einem Muster angeordnet. Eine neue Straßenbeleuchtung soll es geben. Den BVG-Pavillon an der Rheinstraße, erbaut 1929 im Bauhausstil, wollen die BI-Aktiven zur „Kulturhaltestelle“ umbauen lassen.

Die öffentliche Toilette im Keller, seit 20 Jahren geschlossen, soll zu einem Raum für Lesungen, Ausstellungen und Filmabende werden.

Besonders wichtig ist der BI der Markt, der hier dreimal pro Woche stattfindet. Seit langem würden sich die Händler über die Infrastruktur beklagen. „Es fehlen Wasseranschlüsse, und die Stromversorgung ist mangelhaft“, sagt Gregor Mann. Da müsse etwas getan werden.

Nächstes Projekt: das Friedenauer Rathaus

Der 65-Jährige lebt schon 36 Jahre lang in Friedenau, dem Stadtteil, der für seine Schriftsteller und Intellektuellen wie Erich Kästner und Günter Grass bekannt ist. „Seit ich hier wohne, höre ich, dass der Platz umgebaut werden soll“, sagt er. Immer wieder sei das Vorhaben verschoben worden.

Ihre Vorstellungen vom neuen Breslauer Platz hat die BI allerdings nicht gegen das Bezirksamt erarbeitet, sondern eng mit ihm abgestimmt. Ein seltenes Beispiel, wo Verwaltung und Bürgerinitiative an einem Strang ziehen. Die Wünsche der Bürger habe das Bezirksamt fast immer in die Planungen aufgenommen, sagt Magrit Knapp von der BI. Auch der zuständige Baustadtrat Daniel Krüger (CDU) spricht von „sehr kollegialem“ und „freundlichem“ Miteinander.

Im Frühjahr 2013 sollen die Umbauarbeiten im Auftrag des Bezirksamts beginnen. Für die BI kein Grund aufzuhören. Sie hat sich das Friedenauer Rathaus als nächstes Projekt auserkoren. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg will das 95 Jahre alte Gebäude, in dem sich nur noch das Jugendamt befindet, an das Land abgeben, um Kosten zu sparen. Die BI aber sorgt sich, es könnte anschließend an einen privaten Investor verkauft werden. Nun werden erste Ideen für eine Nachnutzung gesammelt. Von einem „Bürgerhaus“ ist die Rede, das die Friedenauer für Veranstaltungen, Kindertheater und Ausstellungen nutzen können.