Berlin-Auf Berliner Bürgerämtern soll es in Zukunft schneller gehen: Statt wie bisher zwölf Minuten sollen Beratungstermine nur noch zehn Minuten dauern. So sollen sechs statt wie bisher fünf Kunden pro Stunde abgefertigt und die zurzeit wochenlangen Wartezeiten auf einen Termin für Berliner reduziert werden – jedenfalls nach den Plänen des Senats, der am Dienstag eine entsprechende Verwaltungsvorschrift aus der Innenverwaltung unter Andreas Geisel (SPD) zur Kenntnis nahm.

Die zuständigen Bezirke und die Gewerkschaft Verdi allerdings halten von den Plänen des Senats wenig. Verdi reagierte am Mittwoch mit „völligem Unverständnis“ auf die Pläne der Innenverwaltung. Die Bürgerämter müssten seit Jahren mehr Service erbringen, seien dabei aber personell unterversorgt, neu eingeführte Technik führe nicht zu Arbeitserleichterung, sondern lediglich zu neuen, zeitfressenden Pannen. Oft würden Beschäftigte für die Mangelsituation in den Amtsstuben verantwortlich gemacht und beschimpft.
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Verkürzung der Taktzeiten schadet dem Servicegedanken
„Jetzt eine neue Verkürzung der Taktzeiten einzuführen, wäre nicht nur kontraproduktiv, sondern schadet dem Servicegedanken und damit den Bürgerinnen und Bürgern mehr als sie nützt“, so Verdi. Zurzeit sind laut Senatsinnenverwaltung stadtweit 60 Vollzeitstellen in Bürgerämtern unbesetzt. Auch von den zwölf Bezirksbürgermeistern kommen zahlreiche kritische Stimmen. Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) sagte der Berliner Zeitung am Mittwoch, es sei notwendig und wichtig, die Wartezeiten auf den Bürgerämtern zu verkürzen.
Doch in Neukölln gebe es viele Bürger ohne deutsche Sprachkenntnisse und ohne Erfahrung mit dem Internet. Das seien klassische „Spontankunden“, die ganz ohne Online-Buchung vorbeikämen und oft mehr als zehn Minuten Beratung benötigten. Die meiste Zeit fressen in Neukölln laut Hikel allerdings die Leute, die vorsichtshalber Termine bei mehreren Bürgerämtern im ganzen Stadtgebiet buchen, zum ersten Termin hingehen – und die anderen Termine nicht absagen.
Taktung soll keine Arbeitsverdichtung erzeugen
Ein verständliches Verhalten, sagt Hikel, geboren aus der Sorge, gar keinen Termin in kurzer Zeit zu erhalten. Doch für die Ämter hat das dramatische Folgen: „Mehr als jeder vierte Termin wurde bei uns nicht wahrgenommen – das sind mehrere Tausend Minuten, die man für echte Bürgerleistungen nutzen könnte.“ Noch ist die höhere Taktung in den Bürgerämtern nicht umgesetzt.
Sie wird erst noch einmal im Rat der Bürgermeister behandelt, geht von dort dann mit einer Empfehlung an den Senat zurück. Aus der Innenverwaltung heißt es am Mittwoch vorsichtig: Für die Mitarbeiter in den Bürgerämtern solle eine höhere Taktung keine Arbeitsverdichtung zur Folge haben. „Wir müssen schauen, auch mal neue Dinge ausprobieren.“