Bürgermeister Arthur Werner: Ein Fachmann vom Bau an der Spitze des Magistrats
Berlin - Arthur Werner war ein Herr. So hat ihn Walter Womacka 1987 nach einem historischen Foto gemalt. Darauf ist Werner steif im schwarzen Dreiteiler mit Stehkragen und schwarzer Krawatte zu sehen, den Blick starr auf den Betrachter gerichtet. Die Hände hat Womacka offenbar „dazu erfunden“. Es sind regelrechte Pranken, so als wollte der Maler plakativ betonen: Dieser Arthur Werner konnte zupacken. Das musste der Porträtierte wohl tatsächlich. Arthur Werner, damals schon ein älterer Herr von 68 Jahren, war der erste Oberbürgermeister Berlins nach dem Krieg.
Gescheiterte Würdigung
Der Historiker Lutz Heuer hatte die Idee, an diesen bemerkenswerten Mann sollte im 70. Jahr nach Kriegsende erinnert werden. „Es muss ja nicht gleich eine Straße nach ihm benannt werden“, sagte er der Berliner Zeitung. Wenigstens das Bild Werners, das seit Jahren im Depot des Stadtmuseums verborgen liegt, könne man ja wieder einmal zeigen. Ein geeigneter Ort wäre das Rote Rathaus, meinte Heuer. Dort gibt es eine Galerie der Bürgermeister nach 1945. Heuer schrieb bereits Anfang des Jahres an den Senat.
Der Historiker hatte nachgeforscht, wer dieser heute zu Unrecht weithin vergessene Arthur Werner war. Der Architekt und Bauingenieur hatte die größte private technische Fachschule Berlins in Lichterfelde geleitet, bis die Nazis sie 1942 schlossen. Als im Mai 1945 ein Bürgermeister gesucht wurde, fiel die Wahl eher zufällig auf ihn. Der Biesdorfer Ortsbürgermeister Fritz Tzyck, der mit der Gruppe Ulbricht eng zusammenarbeitete, schlug seinen ehemaligen Lehrer vor. Die wichtigsten Eigenschaften Werners: Er war ein Fachmann für den Wiederaufbau, und er war kein Nazi. So setzte ihn Stadtkommandant Bersarin als Oberhaupt des Magistrats für ganz Berlin ein. Eingesetzt und nicht gewählt wurden nach dem Krieg übrigens erst einmal alle Bürgermeister von den Alliierten. Beispielsweise auch Adenauer in Köln – woran sich dort niemand stört. Wie anders sollte es auch sein? Werners Verdienste um das Nachkriegsberlin kann das Verfahren nicht schmälern.
Feierlich wurde Werner am 19. Mai in einem notdürftig hergerichteten Saal in der Parochialstraße in sein Amt eingeführt. Er wolle aus „einer Stadt der Zerstörung eine Stadt der Arbeit und des Fortschritts machen“, formulierte der Bürgermeister sein Credo. In den Straßen, Betrieben, in der U- und S-Bahn mussten die Trümmer geräumt werden. Der Magistrat hatte die Versorgung mit Lebensmitteln, Strom, Wasser und Brennstoffen sicherzustellen. Sowjetische Kommandantur und Magistrat arbeiteten Hand in Hand. Kurz nur stand Werner an der Spitze Berlins. Im Oktober 1946 gab es Wahlen, bei denen wieder Parteien antraten und die SPD zum Entsetzen der neugegründeten SED siegreich war. Werner stand außerhalb der Lager, er ging, ohne Dank zu erhalten.
Werner kehrte nach Lichterfelde zurück und eröffnete seine Schule neu. Als er im Sommer 1967 starb, erhielt der stellvertretende Oberbürgermeister der Hauptstadt der DDR eine Westreise zur Beerdigung auf dem Parkfriedhof Lichterfelde Süd. Der Senat ließ durch „Beauftragte“ einen Kranz niederlegen. „Werner ist in gewisser Weise eines der Opfer der späteren Ost-West-Auseinandersetzung“, sagt Heuer.
Er bekam auf seinen Brief mit dem Vorschlag einer Würdigung des Bürgermeisters Antwort vom Senat. Sie war abschlägig. „Die Anbringung des von Walter Womacker (sic! – die Red.) geschaffenen Porträts lässt sich nicht in die künstlerische Gesamtanmutung dieser Galerie einpassen.“ Zudem sei auch die Gefahr einer Schädigung des Bildes durch Besucher nicht ausgeschlossen. Angeführt werden dann noch die klimatischen Bedingungen des Roten Rathauses, die offenbar furchtbar sind. Sie könnten „unter konservatorischen Gesichtspunkten der künstlerischen Qualität des Werner-Porträts abträglich sein“. Sorgfältig seien Für und Wider abgewogen worden, versichert der Senat, dann habe sich „die Waage aber zur Seite der Ablehnung geneigt“.
Heuer ist abgeblitzt. Noch Wochen später findet er nur sarkastische Worte: „Hindenburg ist immer noch Ehrenbürger. Aber der Friedensbürgermeister Werner erhält keinerlei Anerkennung.“ Er ist fassungslos.