Bundeskriminalamt ernüchtert: Die Macht arabischer Clans ist ungebrochen

Seit Jahren versuchen Polizei und Staatsanwalt, kriminellen Araber-Clans das Handwerk zu legen. Unzählige Razzien, Ermittlungsverfahren und Gerichtsverhandlungen später nun die ernüchternde Feststellung des Bundeskriminalamtes (BKA): Trotz mancher Ermittlungserfolge lassen sich die Groß-Familien nicht von ihren kriminellen Geschäften abbringen. Deren Methoden werden sogar immer professioneller, meldet die Bundesbehörde aus Wiesbaden. Sie will deshalb enger mit den Landeskriminalämtern zusammenarbeiten, in deren Hoheitsgebieten die Taten verübt werden.

In Berlin wurden voriges Jahr 68 Verfahren gegen die Organisierte Kriminalität geführt, im Jahr davor waren es 61. Um diesem Anstieg Herr zu werden, sollen die Berliner häufiger Hilfe vom Bund bekommen.

Bekanntlich haben sich bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität in der Stadt auch die Schwerpunkte verschoben. Standen lange Rockerclubs wie Hells Angels oder Bandidos im Fokus der Ermittlungen, sind mittlerweile vor allem arabischen Familienclans im Visier. Diese zeichnen sich laut BKA durch „eine grundsätzlich ethnisch abgeschottete Familienstruktur aus, die unter Missachtung der vorherrschenden staatlichen Strukturen, deren Werteverständnis und Rechtsordnung eine eigene, streng hierarchische, delinquente Subkultur bildet.“

12 von 14 Familien leben in Berlin

Dieser Expertise werden sich die lokalen Kollegen vom LKA Berlin anschließen können. Dort weiß man längst, dass die Clans vor allem in Drogenhandel, Eigentumskriminalität und Waffenhandel aktiv sind. 14 dieser Familien gibt es laut BKA in Deutschland, allein 12 davon sitzen in Berlin. Erst vor kurzem beschlagnahmte das LKA 77 Immobilien der hier ansässigen Familie R. im Wert von 9,3 Millionen Euro. Möglich war das durch eine Gesetzesänderung zur Vermögensabschöpfung: Besteht der Verdacht, dass Geld aus kriminellen Handlungen stammt, kann es auch dann eingezogen werden, wenn keine konkrete Straftat nachzuweisen ist.

Das wissen auch die Clans und investieren ihre Blut- und Drogengelder häufiger im Ausland, was den Zugriff erschwert. Tatsächlich werde es – ungeachtet des Erfolges in Berlin – „immer schwieriger, die Verschleierungsmaßnahmen auch hinsichtlich ihrer inkriminierten Vermögenswerte aufzudecken“, heißt es im Lagebericht des BKA. Deshalb werde die Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern aber auch mit vergleichbaren ausländischen Behörden wichtiger, heißt es.

So sollen die Bundesfahnder künftig Ermittlungen koordinieren, wenn eine Tat internationale Bezüge aufweist. Zudem sollen alle vom BKA gespeicherten Daten zusammengeführt werden. Gab es bisher Unterordner wie „Gewalttäter Sport“ oder „Rocker“, sollen Polizisten künftig das gesamte Datenpaket sichten können. So sollen Querbezüge leichter und einfacher erkannt werden.

Abgeschottete Welten

Doch dazu müssen die Behörden zunächst wissen, gegen wen sie ermittlen sollen. Dass das in der abgeschotteten Welt der Clans nicht immer einfach ist, zeigt erneut eine aktuelle Reportage, in der ein Team des ARD-Politik-Magazins Kontraste vom rbb und der Berliner Morgenpost recherchierte. In dem am Donnerstag ausgestrahlten Film kommt ein Friedensrichter zu Wort. „Wenn ein, zwei Leichen auf den Boden fallen, klären wir das innerhalb von zwei Wochen. Wir sind doch eine Sippe, wir sind als Groß-Familien unter uns“, sagt er. Friedensrichter könnten „Angelegenheiten regeln, die der Staat nicht lösen kann.“ Ein Mitglied bestätigt in der Reportage, er fühle sich „nur seinen Verwandten“ verpflichtet, sein „einziges Gesetz“ seien seine Eltern. Ungewohnt ehrlich und offen äußern sich auch Berliner Strafverfolger. „Wir merken schon, dass wir vielfach nicht ernst genommen werden“, sagt Staatsanwältin Susann Wettley dem rbb.

Gleichzeitig bestätigt das BKA, dass „derartige Gruppierungen trotz hohen Entdeckungsrisikos auch vor öffentlichkeitswirksamen Straftaten nicht zurückschrecken.“ Als Beispiel wird der Raub der Goldmünze aus dem Bode-Museum angeführt, mutmaßlich begangen von Mitgliedern der Familie R. Der Coup zeige auch, wie professionell die Clans mittlerweile sind. So eine Tat sei „nur unter Ausnutzung von familiären Strukturen, einem Insider-Tipp und organisierter Absatzwege möglich.“ All das haben die Groß-Familien.

Fazit des Bundeskriminalamt-Präsidenten Holger Münch: „Das Bedrohungs- und Schadenspotenzial, das von Organisierter Kriminalität ausgeht, ist unverändert hoch.“