Bundesnachrichtendienst BND-Zentrale: Geheimdienst-Gebäude wird in Berlin eröffnet
Das Gebäude ist 280 Meter lang, 150 Meter breit und ragt 30 Meter in die Höhe: die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) an der Chausseestraße in Mitte. Mehr als zwölf Jahre nach dem ersten Spatenstich im Oktober 2006 und nach einer Kostensteigerung von 720 Millionen Euro auf 1,086 Milliarden Euro wird das neue Domizil des deutschen Auslandsgeheimdienstes an diesem Freitag offiziell eröffnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll die Eröffnungsrede halten.
Lesen Sie hier die Stilkritik: Neue BND-Zentrale - geisttötend und monoton strukturiert
Gefeiert wird in zwei Akten. Einmal ist ein interner Festakt im Gebäude vorgesehen, bei dem Merkel zu den BND-Mitarbeitern spricht. Dann tritt die Kanzlerin bei einem Festakt vor geladenen Gästen aus Politik und diplomatischem Korps auf. „Das ist für uns der offizielle Startschuss“, heißt es im Geheimdienst.
Nachrichtendienst BND sucht neue Mitarbeiter
Beim schrittweisen Umzug des BND waren zuvor von November 2017 bis zum Januar 2019 rund 58.000 Möbelstücke und rund 100.000 Umzugskartons in den riesigen Komplex transportiert worden. Die neue BND-Zentrale bietet Platz für 4 000 Beschäftigte. Erst 3200 Leute sind jedoch zurzeit an der Chausseestraße tätig. Nur etwa 900 Mitarbeiter sind aus dem bayrischen Pullach nach Berlin umgezogen, heißt es. 2000 sollten eigentlich kommen.
So sucht der Nachrichtendienst für viele Stellen in der Bundeshauptstadt derzeit noch Mitarbeiter. Etwa Informatiker, Verwaltungsangestellte und Dolmetscher. Aktuelle Job-Angebote für Satelliten- und Luftbildauswerter sowie für die Fernmelde- und die elektronische Aufklärung zeigen, dass nicht nur normale Berufsbilder gefragt sind.
BND-Gebäude ist Festung mit Burgwall
Die neue BND-Zentrale entstand nach Plänen des Berliner Architekten Jan Kleihues. Er hat den Bau in längere und kürzere Gebäudeflügel gegliedert, um die Fassaden aufzulockern. Zwei künstliche Palmen, die zur Kunst am Bau gehören, stehen vor der Westfassade – eine Anspielung auf das Einsatzgebiet der Spione in fernen Ländern.
Aus Sicherheitsgründen wurde das Hauptgebäude etwa 30 Meter von der Chausseestraße entfernt hinter einem Metallzaun errichtet – und in eine etwa fünf Meter tiefe Senke gestellt, eine Art moderner Burgwall. Damit ist es unmöglich, ebenerdig in das Haus einzudringen.
Die BND-Zentrale wird so gut geschützt wie kaum ein anderes Gebäude in der Stadt. Die Zufahrt zum Parkhaus ist durch eine elektronische Barriere gesichert, die aus dem Boden nach oben schießt, wenn jemand ohne Erlaubnis durchfahren will. Umgeben wird der gesamte Komplex von einem Sicherheitsstreifen. Kameras haben jeden Winkel im Blick.
Komplex mit Logistikzentrale, Schule und Besucherzentrum
In den Torhäusern an der Chausseestraße befindet sich der Haupteingang. Die Mitarbeiter werden dort mittels Handvenenscanner identifiziert. Elektronische Geräte wie Handys oder Laptops müssen am Eingang in Schließfächern abgegeben werden. Immerhin besteht Spionagegefahr. Jeder Mitarbeiter hat eine eigene elektronische Karte, mit der er sich im Haus bewegt. Wenn er das Gebäude betritt, wird sein individueller Weg zum Büro freigeschaltet.
Herzstück der BND-Zentrale ist das Führungs- und Informationszentrum. Der holzgetäfelte Raum liegt mitten in dem Komplex. Auf einer großen Medienwand werden hier Berichte und Fotos eingespielt, zum Beispiel Satellitenbilder aus Syrien oder Afghanistan. Zum riesigen BND-Komplex gehört im Norden eine Technik- und Logistikzentrale mit einem Parkhaus, im Süden eine Schule und ein Internat für den BND und den Verfassungsschutz sowie ein Besucherzentrum. Das Besucherzentrum, in dem der BND über seine Arbeit informieren will, eröffnet später. Ab April sollen Besuchergruppen empfangen werden.
Einweihung nach Verzögerungen und Kostensteigerungen
Was öffentlich kaum ins Bewusstsein rückte: Die Fertigstellung der BND-Zentrale hat sich wie die des Großflughafens BER mehrere Jahre verzögert. Der Bau beider Projekte wurde im Jahr 2006 gestartet, beide sollten ursprünglich im Jahr 2011 fertig werden. Während am BER noch gebaut wird, nimmt die BND-Zentrale aber immerhin jetzt ihre Arbeit auf.
Zu Verzögerungen beim BND-Neubau kam es unter anderem, weil bereits installierte Lüftungskanäle mit einer Länge von zwölf Kilometern wieder ausgebaut werden mussten. Die Schächte hatten angeblich nicht die erforderliche Qualität. Wegen des Ausbaus konnten andere Baufirmen nicht wie geplant weiterarbeiten, was zu Mehrkosten durch Bauverzögerungen und Umplanungen führte.
Bei den Baukosten von 1,086 Milliarden Euro bleibt es freilich nicht. Hinzu kommen noch Ausgaben in Höhe von rund 300 Millionen Euro für die Erstausstattung des Hauses und den Umzug.
Bewegte Geschichte durch frühere Kaserne auf dem Areal
Die Preissteigerungen waren nicht die einzigen unwillkommenen Überraschungen. Im Jahr 2011 geriet die bestbewachte Baustelle der Hauptstadt in die Schlagzeilen, weil Bau-Pläne verschwunden waren. 2015 wurden schließlich Wasserhähne gestohlen, woraufhin ein hoher Sachschaden durch auslaufendes Wasser entstand.
Die neue BND-Zentrale steht auf einem zehn Hektar großen Areal, das eine bewegte Geschichte hinter sich hat. Im Jahr 1820 wurde hier zunächst ein Exerzierplatz angelegt. Mitte des 19. Jahrhunderts entstand auf dem Platz die Garde-Füsilier-Kaserne. Der Dichter Hans Leip, der 1915 in der Kaserne diente, schrieb in der Wachstube den Text des berühmt gewordenen Soldatenliedes „Lili Marleen“.
Schließlich ein Investor durch BND
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kaserne zerstört. Die DDR-Führung ließ auf dem Areal 1950 ein Stadion errichten. Erst trug es den Namen Walter-Ulbricht-Stadion, zu den Weltfestspielen 1973 wurde es in Stadion der Weltjugend umbenannt. Nach der Wiedervereinigung ließ der Senat die Arena abreißen.
Sie sollte Platz machen für eine Mehrzweckhalle für 15.000 Besucher, die Berlin im Zuge seiner Olympiabewerbung plante. Als die Bewerbung kläglich scheiterte, zerschlugen sich diese Pläne. Auch für ein später konzipiertes Wohngebiet fand sich kein Investor. Bis der BND kam.