Bundesnachrichtendienst: Das Haus der Spione
Am Ende gab es noch einmal einen Nachschlag von 41 Millionen Euro. Auf 1,086 Milliarden Euro summieren sich die Kosten für den Bau der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin.
Gut zehn Jahre nach dem ersten Spatenstich ist das Domizil des deutschen Auslandsgeheimdienstes am 29. November 2016 übergeben worden. Anfangs sollte der Bau noch 720 Millionen Euro kosten. Doch Umplanungen, steigende Baupreise, verschärfte Sicherheitsvorkehrungen und Pfusch am Bau trieben die Ausgaben immer weiter nach oben.
Die jüngste Kostensteigerung wurde Anfang Dezember gut verpackt in einer Presse-Mitteilung verkündet. Darin heißt es: „Mit einem abschließend genehmigten Gesamtkostenrahmen von 1,086 Milliarden Euro ist der BND-Neubau-Komplex aktuell das größte Bauprojekt des Bundes.“ Dass der Komplex zuvor noch 1,045 Milliarden Euro kosten sollte, blieb unerwähnt.
Der BND-Komplex mit der bronzefarbenen Fassade erhebt sich wie eine Trutzburg auf der zehn Hektar großen Fläche an der Chausseestraße. 283 Meter lang, 148 Meter breit, rund 30 Meter hoch. 4 000 Mitarbeiter des Geheimdienstes sollen hier später tätig sein. Eine künstliche Palme, die zur Kunst am Bau gehört, steht vor der Westfassade – eine Anspielung auf das Einsatzgebiet der Spione in fernen Ländern.
Im nächsten Jahr soll der Umzug der Beschäftigten in den Neubau beginnen und in drei Schritten abgeschlossen werden, wie eine BND-Sprecherin erklärte. 2 000 Mitarbeiter des BND sind bereits jetzt in Berlin tätig. Mit dem Umzug in den Neubau werden weitere 2 000 nach Berlin kommen.
Ausstattung kommt noch
Bevor die Beschäftigten ihre Büros an der Chausseestraße beziehen, muss der BND sein neues Domizil allerdings noch ausstatten: mit Möbeln und Geheimdienst-Technik. Dazu gehören Labore, in denen beispielsweise Pässe oder Kameras für den Einsatz der Spione hergestellt werden. Für die Ausstattung sind laut BND rund 206 Millionen Euro vorgesehen.
Zum riesigen Komplex gehört im Norden eine Logistikzentrale mit einem Parkhaus und im Süden eine Schule und ein Internat für den BND und den Verfassungsschutz sowie ein Besucherzentrum. Die Logistikzentrale ist schon seit zwei Jahren fertig. Die 170 Mitarbeiter zogen im Frühjahr 2014 ein.
Die BND-Zentrale wird so gut geschützt wie kaum ein anderes Gebäude in der Stadt. Die Zufahrt zum Parkhaus ist durch eine elektronische Barriere gesichert, die aus dem Boden nach oben schießt, wenn jemand ohne Erlaubnis durchfahren will. „Scharpingfalle“ sagen Experten dazu, weil der frühere Verteidigungsminister Rudolf Scharping einst in den USA von so einer Sperre unsanft gestoppt wurde. Um vor Terrorangriffen geschützt zu sein, steht die BND-Zentrale in einer Senke. Das unterste Geschoss hat keine Fenster. Umgeben wird der Komplex von einem Sicherheitsstreifen. Kameras haben jeden Winkel im Blick.
Im nördlichen Torhaus an der Chausseestraße befindet sich die Kantine, im südlichen zieht die Bibliothek ein. In den Torhäusern ist zugleich der Haupteingang. Die Mitarbeiter werden dort mittels Handvenenscanner identifiziert. Elektronische Geräte wie Handys oder Laptops müssen am Eingang in Schließfächern abgegeben werden. Spionagegefahr.
Weg wird freigeschaltet
Jeder Mitarbeiter hat eine eigene elektronische Karte, mit der er sich im Haus bewegt. Wenn er das Gebäude betritt, wird sein individueller Weg zum Büro freigeschaltet.
Herzstück der BND-Zentrale ist das Führungs- und Informationszentrum. Der holzgetäfelte Raum liegt mitten in dem Komplex. Auf einer großen Medienwand werden hier künftig Berichte und Fotos eingespielt, zum Beispiel Satellitenbilder aus Syrien oder Afghanistan. Fünf Uhrzeiten werden auf großen runden Uhren angezeigt: für New York, London, Berlin, Moskau und Peking. 5 000 Räume hat der Neubau. Die Büros für zwei Mitarbeiter sind 17 Quadratmeter groß, elf Quadratmeter gibt es für einen Mitarbeiter. Großzügiger fällt das Büro des BND-Präsidenten aus: Ihm stehen 42 Quadratmeter zur Verfügung.
Das Geheimdienst-Areal hat eine wechselvolle Geschichte: Mitte des 19. Jahrhunderts entstand hier die Garde-Füsilier-Kaserne. Der Dichter Hans Leip, der 1915 in der Kaserne diente, schrieb in der Wachstube den Text des berühmt gewordenen Soldatenliedes „Lily Marleen“. Später nutzten Polizei und Wehrmachteinheiten die Kaserne. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie zerstört. Die DDR-Führung unter Walter Ulbricht ließ auf dem Areal zum Deutschlandtreffen der Freien Deutschen Jugend 1950 ein Stadion errichten. Nach 120 Tagen Bauzeit war es fertig und erhielt den Namen Walter-Ulbricht-Stadion. Zu den Weltfestspielen 1973 wurde das Stadion renoviert und in Stadion der Weltjugend umbenannt. Nach der Wiedervereinigung ließ der Senat die Arena abreißen. Bis zum Bau der BND-Zentrale wurden die Flächen als Golfplatz, zum Beachvolleyballspielen und als Hundeauslaufgebiet genutzt.