U2-Desaster unterm Alexanderplatz: So sieht der Zeitplan für die Sanierung aus
Die Antragsunterlagen sind da. Die Behörden sind dabei, sie zu prüfen. Ab März könnte gebaut werden. Aber einen Wunsch kann die BVG leider nicht erfüllen.

Die Ankündigung steht: Bis Ende August 2023 könnten die Schäden am Tunnel der U-Bahn-Linie U2 unter dem Alexanderplatz behoben sein. Das hat der Investor Covivio, der nebenan ein Hochhaus baut, während des Spitzengesprächs zur U2 dem Senat mitgeteilt. Doch wie sieht der Zeitplan im Einzelnen aus? Zu dem ambitionierten Projekt in der Mitte von Berlin liegen der Berliner Zeitung nun erste Informationen vor. Die FDP zeigte sich allerdings skeptisch. „Nach den bisherigen Erfahrungen muss davon ausgegangen werden, dass eine Wiedereröffnung Ende August nur bei einem sehr günstigen Verlauf funktionieren kann“, sagte der FDP-Verkehrspolitiker Felix Reifschneider.
Offiziell ist nichts Neues dazu zu erfahren, wie es mit dem abgesackten U-Bahn-Tunnel unter dem Alexanderplatz in Mitte weitergeht. Der Senat verweist auf eine Pressekonferenz, die nach jetzigem Stand für Anfang Februar geplant sei. Dazu würde er mit dem Bezirk Mitte und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) einladen. Auch das französische börsennotierte Immobilienunternehmen Covivio, das sich bisher durch eine Agentur vertreten ließ und sich als ziemlich schweigsam zeigte, werde dabei sein.
Inzwischen trafen erste Hinweise zum Stand des Projekts und zu den folgenden Schritten ein. So seien die Unterlagen, mit denen Covivio das Vorgehen beschreibt und die nötigen Anträge stellt, tatsächlich vor einigen Tagen bei den Behörden eingegangen, hieß es. Die Rede ist vom 23. Januar. Darauf hatten Verwaltung und Politik lange gewartet. Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte mehrmals darauf hingewiesen, dass das Verfahren erst dann beginnen könne, wenn die Unterlagen da seien.
Baugrubenwand hat sich verformt, Boden lockerte sich
Dem Vernehmen nach besteht das Sanierungsvorhaben aus drei Teilprojekten. Zum einen muss die Wand der 17 Meter tiefen Baugrube durch das Einziehen von Stahlankern stabilisiert werden. Unter dem Druck des Grundwassers hatte sich die einen Meter dicke Schlitzwand verformt, die nur zwei Meter vom U-Bahn-Tunnel entfernt ist. In der Mitte entstand eine Ausbeulung nach innen in die Grube. Dadurch lockerte sich der umliegende Boden, und über Wochen hinweg sackte der U-Bahnhof langsam, aber stetig ab. Die Setzung erreichte bis Oktober 3,5 Zentimeter. Das ist beachtlich, sagen Experten.
Um das mehr als hundert Jahre alte unterirdische Bauwerk aus unbewehrtem Beton wieder in die frühere Lage zu bringen, sind nach derzeitiger Einschätzung zwei Schritte erforderlich. Zunächst muss der Boden unter dem U-Bahnhof „verbessert“ werden: Mit Zementemulsion wird der Untergrund, der wegen eines Sand-Grundwasser-Gemischs ziemlich instabil ist, zunächst gehärtet.

Danach werden Injektionslanzen in den Boden eingebracht. Durch sie wird später Beton fließen, der den U-Bahnhof langsam von unten anheben soll. „Hebungsinjektion“, so lautet der Fachbegriff. Wenn dieses Vorgehen erfolgreich war, können schon bald danach auf dem seit Oktober 2022 gesperrten Gleis nach Pankow wieder U-Bahnen fahren, versichern die Fachleute. Dann könnte der jetzige Pendelverkehr enden.
Drei Berliner Behörden müssen sich zur Sanierung äußern
Drei Behörden sind nun mit dem Vorgang befasst. Wie berichtet, ist das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks Mitte dafür zuständig, die Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes zu genehmigen. Der Teil des Alexanderplatzes, unter dem die geplanten Sanierungsmaßnahmen stattfinden sollen, gehört dem Bezirk. Das Amt hatte bereits im November erste Unterlagen von der Covivio erhalten.
Auch die Wasserbehörde des Landes Berlin ist involviert. Weil mit dem Beton Stoffe ins Grundwasser eingebracht werden sollen, ist eine Erlaubnis erforderlich. Die Technische Aufsichtsbehörde des Senats ist ebenfalls dabei. Von ihr wird eine Genehmigung nach der einschlägigen Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen erwartet.
Und wie lange dauert das im Einzelnen? Auch dazu wird offiziell noch nichts gesagt. Hinweisen zufolge haben die Behörden aber bereits damit begonnen, die am Montag eingereichten Unterlagen zu sichten und zu prüfen. Dafür sind dem Vernehmen nach insgesamt fünf Wochen veranschlagt. Für die anschließenden Arbeiten, die sich zu drei Teilprojekten gruppieren, werden angeblich 21 bis 26 Wochen eingeplant. Das bedeutet, dass die U2 tatsächlich nach dem Ende der Sommerferien Ende August 2023 wieder wie früher im dichten Takt fahren kann – wenn alles klappt. Schneller ginge es leider nicht, hieß es, auch wenn Parteien und der Fahrgastverband IGEB dies fordern. Sicherheit gehe vor. Außerdem dauern einzelne Arbeitsschritte Wochen, etwa das Einbringen der Lanzen.
FDP-Verkehrspolitiker Reifschneider bleibt skeptisch. „Ob jetzt das Ausmaß aller Schäden bekannt ist, muss bezweifelt werden. Im Untergrund könnten noch einige Probleme lauern“, so der Abgeordnete. Für die Bürgerinnen und Bürger sei die Situation unzumutbar. Die Senatorin müsse jetzt endlich dafür sorgen, dass der Ersatzverkehr besser organisiert werde, damit die Fahrgäste nicht mehr so viel Zeit verlieren.
BVG: Strecke des Pendelverkehrs auf der U2 wird nun doch nicht verkürzt
Wie berichtet, hat die Senatorin mitgeteilt, dass die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) darüber nachdenken, die Strecke des Pendelverkehrs zu verkürzen. Danach soll der Abschnitt, der im U-Bahnhof Klosterstraße beginnt, nicht mehr am Senefelderplatz, sondern schon am Rosa-Luxemburg-Platz enden. Die U-Bahnen auf dem Anschlussstück von und nach Pankow würden damit künftig einen wichtigen Umsteigeort bedienen, an dem Straßenbahnen und Busse halten. Wer gut zu Fuß ist, könnte von dort auch zum S-Bahnhof Alexanderplatz laufen, so Bettina Jarasch.
„Da der Investor nun eine Zeitschiene auf den Tisch gelegt hat, kann die BVG für den jetzt anstehenden Zeitraum mit Hochdruck Entlastung für die Fahrgäste entlang der U2 planen“, sagte Jannes Schwentu, Sprecher des landeseigenen Unternehmens BVG. „Hier sind wir zu möglichen Konzepten in Abstimmung mit den verantwortlichen Stellen. Das klare Ziel ist, die Situation für unsere Fahrgäste in diesem Bereich zu verbessern.“
Doch nach Informationen der Berliner Zeitung ist es unwahrscheinlich, dass die Pendelstrecke verkürzt wird. Die Sicherungstechnik sei nicht darauf eingerichtet, im U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz bequeme Anschlüsse herzustellen, hieß es. Aller Voraussicht nach werde die Station Senefelderplatz Umsteigeort bleiben.