Chansons im Wintergarten Varieté: Reihenhopperin im Grunewald
Berlin - Die Gegend, in der Eleonore Weisgerber seit sieben Jahren lebt, war ihr anfangs peinlich. „Ich habe, wenn ich danach gefragt wurde, ausweichend geantwortet. Und leicht verdruckst gesagt, dass ich in Wilmersdorf-West wohne.“ Die, die sich in Berlin auskennen, kamen dann oft schon darauf, dass Grunewald gemeint war. Die Schauspielerin musste für den Umzug über ihren Schatten springen: „Ich wollte nie in diese Gegend. Als Altachtundsechzigerin darf man doch nicht nach Grunewald ziehen. Dachte ich jedenfalls.“
Eleonore Weisgerber erzählt, dass sie schließlich die elegante Wohnung überzeugend fand, von deren Balkon sie direkt über eine Wendeltreppe in den Garten und von dort in den Königssee gelangt. Diese Wohnung sorgte auch dafür, dass sie in der Stadt blieb: „Als die Kinder aus dem Haus waren, habe ich überlegt, ob ich wieder nach Paris ziehe.“ Sie ließ den Zufall entscheiden: „Ich habe mir damals überlegt, dass ich gleichzeitig in Berlin und Paris suche und dort, wo ich zuerst eine sehr schöne Wohnung finde, bleibe.“ Vor 40 Jahren war sie schon mal am Königssee zu Besuch. „Damals drehte der Regisseur Helmut Käutner ,Bel Ami“, das mein Fernsehdebüt war. Er wohnte auf der anderen Seite des Sees.“
Inzwischen wird die Schauspielerin sehr gern für Episodenhauptrollen in Krimi- und anderen Serien gebucht. Sie nennt sich selbst eine „Reihenhopperin“ und hat es gerade erst wieder getan. „Am 20. Juni läuft die Folge ,Der Fremde‘ der Krimireihe ,Bloch‘, in der ich mit dem im Januar verstorbenen Vadim Glowna ein Ehepaar gespielt habe.“ Ebenfalls abgedreht ist die Folge „Blind Date“ der Serie „Ein Fall für Zwei“, in der sie eine Verdächtige spielt („Aber verdächtig sind da ja alle.“). Am Dienstag gibt es mal wieder eine der seltenen Gelegenheiten, Eleonore Weisgerber auf der Bühne zu erleben.
Stiftung zur Aufklärung über bipolare Störungen
Im Wintergarten Varieté spielt sie ihr Chanson-Programm „Aufstieg und Fall der Femme fatale“, das sie selbst sehr liebt: „Dieser Chansonabend ist fast wie ein Theaterstück, in dem ich vom 15-jährigen Mädchen bis zur Sechzigjährigen alles spiele.“ Neben einigen unbekannten Liedern singt sie auch viele alte Hits wie „Nur nicht aus Liebe weinen“ und „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“, was für sie einen großen Teil des Reizes dieser Unternehmung ausmacht: „Mich hat auch interessiert, ob ich diese Lieder singen kann, ohne Zarah Leander und Marlene Dietrich zu imitieren.“ Dementsprechend groß war die Freude im Anschluss an eine Vorstellung in Wiesbaden als junge Leute sie fragten: „Sind diese Lieder für Sie geschrieben worden?“
Nach Erfahrungen im eigenen Umfeld gründete Eleonore Weisgerber im Jahr 2007 „in Balance – Eleonore-Weisgerber-Stiftung zur Aufklärung über bipolare Störung“, der sie viel von ihrer Freizeit widmet: „Bipolar hieß früher manisch-depressiv und ist eigentlich sehr gut zu behandeln“, erklärt sie. „Leider sorgt die weit verbreitete Unkenntnis über das Krankheitsbild dafür, dass es oft zehn Jahre dauert, bis die richtige Diagnose gestellt wird.“ In diesen zehn Jahren, das ist das Tragische an der Sache, gibt es unter den Betroffenen eine stark erhöhte Selbstmordrate. „Meine Stiftung will die Öffentlichkeit informieren. Und hat derzeit dasselbe Problem wie alle Stiftungen: Durch die extrem niedrigen Zinsen bringt das Stiftungskapital gerade sehr wenig Ertrag für die Arbeit.“ Auf der Internetseite www.inbalance-stiftung.de, dieser Hinweis ist der Schauspielerin wichtig, gibt es eine Auflistung der Kliniken, in denen Betroffenen geholfen wird.
Im August wird Eleonore Weisgerber 65. Weil auf einigen Internetseiten das falsche Geburtsjahr 1948 herumgeistert, wird so mancher Anrufer und Kartenschreiber denken, er gratuliere zum 64. Aber sie ist schon ein Jahr weiter und mag dennoch nicht an ein ruhiges Rentnerleben denken: „Als Schauspielerin kann man ja, wenn es gut läuft, weiter arbeiten.“ So manches Mal hat sie schon selbst dafür gesorgt, dass die krasse Überzahl von männlichen Rollen bei Filmproduktionen gemildert wurde. „Ich sage gern zu Regisseuren: Mach doch aus dem Arzt eine Ärztin und aus dem Anwalt eine Anwältin. Das funktioniert erfreulich oft.“
Wintergarten Varieté Tickettelefon: 58 84 33