Und wieder kam er auf das Thema Kommunikation zu sprechen. Auf Verständigung und Verstehen während einer Krise wie der, die Sars-Cov-2 ausgelöst hat. „So wie wir lernen, mit dem Virus zu leben“, hat Christian Drosten am Mittwoch gesagt, „müssen wir auch lernen, mit extremen und unvorhersehbaren Wahrnehmungen zu leben.“
Das sagte der prominente Virologe und Professor an der Berliner Charité an diesem Mittwoch in einem Hörsaal am Campus Benjamin Franklin. Am Benjamin Franklin Day, der in den USA begangen wird und aus dessen Anlass die Charité eine Festveranstaltung in ihrem Steglitzer Klinikum ausrichtete. Die US-Botschafterin Amy Gutmann war unter anderen Honoratioren geladen, der US-Virologe Anthony Fauci per Videobotschaft zugeschaltet.
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Sie würdigten 75 Jahre Marshall Plan, das Programm zum Wiederaufbau Westdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, was ja auch mit Verständigung und Kommunikation zu tun hatte. Insofern lag Drosten mit seinem rund sieben Minuten langen Vortrag richtig. Er konnte durchaus als Replik auf seine Kritiker verstanden werden. Etwa als er die Vorzüge einer langfristigen internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen gegenwärtige und zukünftige Pandemien hervorhob und auf politische Interessen verwies, die kurzfristiges Handeln begründen sollten.
Drosten hatte sich im Frühjahr aus einem Expertengremium zurückgezogen, dass für die Bundesregierung hatte evaluieren sollen, wie wirksam die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gewesen sind. Kurz zuvor hatte der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, kritisiert, der Berliner Virologe sei nicht unabhängig, da er als Berater der Regierung viele der Restriktionen mitgetragen oder empfohlen habe, deren Effekte nun bewertet werden sollten. Kubicki hatte auch eine entsprechende Anfrage zu Drostens Befangenheit an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gestellt.
Christian Drosten, profilierter Corona-Erklärer
Es gebe einen globale Wissenschaftsprozess zur Evaluierung der Maßnahmen, sagte der Gescholtene nun. Dieser sei nur etwas langsamer, als sich das die Politik wünsche. „Nicht jeder kann ermessen, wie wichtig solche Kooperationen über einen langen Zeitraum sind.“
Drosten war durch einen Podcast des NDR zu Beginn der Corona-Krise zu einem profilierten Erklärer der Pandemie aufgestiegen, sah sich allerdings auch rasch medialer Kritik ausgesetzt. So warf ihm die „Bild“-Zeitung im Mai 2020 vor, bei einer Studie „grob falsch“ gearbeitet zu haben. Der Presserat rügte das Blatt dafür.
Wissenschaftskommunikation sei wichtig, hat Drosten am Mittwoch noch einmal hervorgehoben. „Nicht jeder Wissenschaftler muss kommunizieren, das gäbe ein Geschnatter.“ Das hat er unlängst gesagt. Sein Kurzvortrag am Campus Benjamin Franklin war einer der seltenen Öffentlichen Auftritte in jüngster Zeit.