Citymaut in Berlin: Regine Günthers Vorschlag ist nicht radikal genug - ein Kommentar

Nur nicht aufregen, will man rufen. Denn die Nutzer im Netz und die Opposition im Abgeordnetenhaus schäumen schon wieder. Regine Günther hat bei einer Podiumsdiskussion eine neue Idee rausgehauen, wie die Zahl von Autos in der Innenstadt reduziert werden könnte. Autofahrer sollen eine Abgabe leisten und dafür ein BVG-Ticket erhalten. Ein vager Gedanke, zu dem die Verwaltung keine konkreten Pläne vorbereitet hat.

Zu radikal, rufen Kritiker dennoch, die armen Autofahrer! Ich finde: Das ist nicht radikal genug. Günther geht den Weg, mit dem sie sicher Zustimmung von Grünen-Wählern erhält: Sie will die Autofahrer umerziehen, mit streichelzarter Pädagogik. Hör auf mit dem Individualverkehr, mit der Luftverschmutzung – und du kriegst das BVG-Ticket gleich obendrauf.

Die Öffis sind der wirksamste Hebel für eine Verkehrswende

Dabei müsste die Verkehrssenatorin sich an uns alle wenden. An Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger. Denn die Öffentlichen Verkehrsmittel sind Gemeingut. Ob arm oder reich, Pimp oder Penner – sie werfen die ganze Stadt zusammen in einen Waggon. So viele Menschen wie die Öffentlichen kann keine Berlkönig-Flotte und auch kein neu gebauter Fahrradweg befördern. Sie sind der wirksamste Hebel für die so inbrünstig verlangte Verkehrswende.

Wollen wir diese Verkehrswende wirklich? Dann sollten wir alle für die Öffentlichen zahlen. 30 Euro pro Monat und Bürger, dafür keine Fahrscheine mehr – so hatte die Linke es angedacht und ist dafür zerrissen worden. Warum sollten jene zahlen, die gar keine Bahnhaltestelle um die Ecke haben, war da eines der rationalsten Argumente.

Eine Bürger-Abgabe nähme die Politik in die Pflicht

Es stimmt, am Anfang wäre es hart. Wir würden alle zahlen, aber die Bahnen würden erst einmal nicht ausreichen, die Außenbezirke wären noch immer nicht erschlossen. Doch eine Flatrate für Öffis würde das am schnellsten ändern. Erstens spült sie Gelder speziell für diesen Zweck in die Kassen. Zweitens - und wesentlich wichtiger - nimmt sie die Politik direkt in die Pflicht.

Denn es ist ganz einfach: Wer zahlt, hat Anspruch auf Beförderung. Der Job des Verkehrssenators würde dadurch schrecklich unbequem - aber vielleicht auch schrecklich effizient.