Mit Wagenheber und Hydraulikschere: Dieb klaut neun Katalysatoren in einer Nacht
Mirsad H. hat vor dem Landgericht Berlin ein Geständnis abgelegt. Er habe Geld benötigt und deswegen die Autoteile von geparkten Fahrzeugen gestohlen.

Der Polizeibeamte Patrick R. nennt den Diebstahl von Katalysatoren aus Fahrzeugen Volkssport, sein Kollege Holm R. spricht von einem Alltagsgeschäft. Fast jede Nacht habe er mit solchen Straftaten zu tun. Patrick R. und Holm R. sind an diesem Montag Zeugen im Prozess gegen Mirsad H., der sich vor einer Strafkammer des Berliner Landgerichts wegen des Diebstahls von insgesamt elf Katalysatoren aus geparkten Fahrzeugen verantworten muss.
Der 31-Jährige hat gleich zu Beginn des Prozesses gestanden, die wertvollen Autoteile bei zwei Diebestouren im Februar und September des vergangenen Jahres entwendet zu haben – so, wie es in der Anklage steht. Er habe in der Corona-Krise keine Arbeit auf dem Bau gefunden und damit auch kein Geld gehabt, begründet er seine Tatbeteiligung. Der Diebstahl der Katalysatoren sei eine sehr dumme Idee gewesen, die er heute bereue. Jedoch habe es keine bandenmäßigen Absprachen gegeben.
In der Nacht zum 24. Februar 2021 fuhr Mirsad H. mit zwei weiteren Mittätern auf einen Parkplatz in der Grabbeallee in Niederschönhausen. Dort hoben die Männer die entsprechenden Fahrzeuge mit einem Wagenheber an, entfernten mit einer Hydraulikschere die Katalysatoren. Ein solches Werkzeug, das eigentlich von Feuerwehren oder dem Technischen Hilfswerk verwendet wird, um eingeklemmte Menschen nach einem Verkehrsunfall aus ihren Fahrzeugen zu befreien, habe man bei Ebay erworben, erzählt der Angeklagte.
Insgesamt neun Katalysatoren klauten die Diebe in jener Nacht. Die zur Auspuffanlage gehörenden Autoteile sind besonders wegen der darin enthaltenen wertvollen Rohstoffe bei Dieben begehrt. Sie enthalten Palladium, Platin und Rhodium. Für einen gestohlenen Katalysator werden auf dem Schwarzmarkt 200 bis 400 Euro gezahlt.
Geplant sei gewesen, die Katalysatoren zu verkaufen und sich das Geld dafür zu teilen, berichtet Mirsad H. Doch daraus wurde nichts. Denn die Diebe, die in zwei Fahrzeugen unterwegs waren, wurden von der Polizei erwischt. Die Beamten stellten die Katalysatoren sicher und beschlagnahmten die Tatwerkzeuge. Die Diebe kamen nach ihrer vorläufigen Festnahme offenbar wieder auf freien Fuß.
Um dann im September wieder zuzuschlagen. Doch auch diesmal wurde Mirsad H. gefasst. Einem Zeugen waren die Männer aufgefallen, als sie an zwei Fahrzeugen die Katalysatoren abgezwackt hatten. Er alarmierte die Polizei, die die Täter erneut festnahm.
Vor allem Autos älteren Baujahrs betroffen
Am Wagen entstehe durch das Abtrennen des Katalysators ein massiver Schaden, berichtet der Polizeibeamte Patrick R. Die Halter müssten die komplette Auspuffanlage austauschen. Die Kosten dafür lägen im vierstelligen Bereich. Oftmals seien ältere Fahrzeuge von dem Diebstahl betroffen – weil in den Katalysatoren neuerer Pkw nicht mehr so viel Edelmetalle und die Teile an sich besser verbaut seien.
Und wirklich, bei den betroffenen Fahrzeugen handelte es sich um Autos der Modelle Audi und VW aus den Jahren 1996 bis 2005. Nach Angaben des ADAC sind es vor allem ältere Fahrzeuge mit Benzinmotor, bei denen sich der Katalysator gut zugänglich in der Mitte des Wagenbodens befindet. Dieselautos blieben hingegen fast verschont. Katalysatoren sollen den Schadstoff Kohlenmonoxid in Kohlendioxid umwandeln.
Der Angeklagte Mirsad H. ist kein unbeschriebenes Blatt. Vor vier Jahren zog er zu seiner Frau nach Deutschland, verdiente hier sein Geld als Trockenbauer auf dem Bau. Aber er wurde seitdem auch immer wieder straffällig. Insgesamt neun Einträge weist sein Auszug aus dem Bundeszentralregister auf.
Mehrfach wurde er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt, die der aus Serbien stammende Mann oftmals nicht begleichen konnte, weswegen er eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen musste. Ende 2020 wurde er wegen Betrugs verurteilt. Er hatte 9000 Euro Corona-Soforthilfe beantragt und erhalten, ohne darauf Anspruch gehabt zu haben.
Bisher kam er immer glimpflich davon, doch diesmal verurteilt ihn das Gericht wegen gewerbsmäßigen Diebstahls in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten – ohne Bewährung. Dass die Täter bandenmäßig vorgegangen seien, habe das Gericht nicht feststellen können, sagt der Vorsitzende Richter.
Bereits im April hatte dieselbe Strafkammer zwei Mittäter von Mirsad H. verurteilt. Safet B. wurde wegen gewerbsmäßigen Diebstahls in neun Fällen unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Sefik F., ein zweiter Angeklagter, wurde wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Sefik F. bekam keine Bewährung, weil er die Taten nach dem Verbüßen des Großteils einer Gefängnisstrafe aus dem offenen Vollzug heraus begangen hatte.
Ein vierter Tatbeteiligter ist laut Gericht zwischenzeitlich verstorben.