Mord an Afghanin: Yousuf H. will Bruder entlasten – doch der bleibt in Haft

Erneut keine Plädoyers: Im Prozess um den „Ehrenmord“ an Maryam H. hat sich einer der angeklagten Brüder nochmals geäußert. Weitere Zeugen sollen gehört werden.

Yousuf H. hat zugegeben, seine Schwester im Streit getötet zu haben.
Yousuf H. hat zugegeben, seine Schwester im Streit getötet zu haben.imago/Olaf Wagner

Der erneute Anlauf, die Beweisaufnahme im Fall der ermordeten Maryam H. zu schließen und zu plädieren, ist am Montag gescheitert. Nachdem sich der Angeklagte Yousuf H. nochmals eingelassen hatte, um seinen jüngeren Bruder zu entlasten, verkündete die Schwurgerichtskammer an diesem 39. Verhandlungstag, zwei weitere Zeugen hören zu wollen: eine Maklerin und einen Bekannten von Yousuf H., der bestätigen soll, dass die Brüder für ihre Schwester eine Wohnung gesucht hatten.

Yousuf H. und sein jüngerer Bruder Mahdi H. sind angeklagt, ihre ältere Schwester Maryam H. gemeinschaftlich ermordet zu haben – um die angebliche Ehre der afghanischen Familie wiederherzustellen. Dazu sollen die 27 und 23 Jahre alten Angeklagten die Mutter zweier Kinder am 13. Juli 2021 unter dem Vorwand, ihr eine Wohnung zeigen zu wollen, in die Neuköllner Unterkunft von Mahdi H. gelockt und ermordet haben – weil sich Maryam H. nicht mehr an die Moralvorstellungen ihrer erzkonservativen afghanischen Familie gehalten und sich nach ihrer Flucht nach Deutschland von ihrem gewalttätigen Ehemann getrennt haben soll.

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Die Leiche der 34-Jährigen sollen die Brüder in einem Koffer nach Bayern geschafft haben, wo Yousuf H. lebt. Dort wurde die Tote ein paar Wochen später in einem Waldstück entdeckt. Maryam H. war erwürgt oder erdrosselt worden, zudem wurde ihr die Kehle durchtrennt.

In dem Prozess, der seit zehn Monaten läuft, hatte Yousuf H. erst im September sein Schweigen gebrochen und erklärt, seine Schwester in der Wohnung seines mitangeklagten Bruders bei einem Streit getötet zu haben. Mahdi H. sei zu dieser Zeit nicht in der Wohnung gewesen, behauptete Yousuf H.

Treffen mit Maklerin geplant

In seiner am Montag verlesenen zweiten Erklärung erklärte Yousuf H., er habe mit dem Handy seines jüngeren Bruders am Tag von dem Tod seiner Schwester im Internet nach einem Koffer gesucht. Den Koffer habe er am Tattag gekauft und ihn in Mahdis Wohnung abstellen wollen. Grund sei ein geplantes Treffen mit einer Maklerin am Nachmittag gewesen, mit der man sich eine Wohnung für die Schwester habe anschauen wollen. Zu dem Treffen sei es nicht mehr gekommen, „weil es dann zu dem schrecklichen Ereignis“ gekommen sei, hieß es in der Erklärung.

Zuvor hatte die Kammer den Antrag auf Haftentlassung von Mahdi H. erneut abgelehnt. Trotz der Einlassung von Yousuf H. gebe es noch immer einen dringenden Tatverdacht gegen den Angeklagten. Schon einmal habe die Kammer „grundlegende Zweifel an der Einlassung“ von Yousuf H. geäußert, hatte der Vorsitzende Richter erklärt. Das Beweisbild habe sich seitdem nicht geändert.

Nach der neuen Planung könnten am 19. Januar, nach der Vernehmung der zwei Zeugen, die Plädoyers gehalten und am 26. Januar ein Urteil gesprochen werden.