Das alte Dilemma: Eine kaputte Jacke reparieren oder neu kaufen?
Auf der Suche nach einer Lösung für einen defekten Reißverschluss lernt unser Autor ein paar interessante Dinge.

Berlin-In Berlin stehen die Winterferien an, da geht der Reißverschluss der Winterjacke kaputt. Das wäre nicht weiter wild, wäre es eine Jacke von uns Eltern. Wir würden in eines der darbenden Kaufhäuser der Stadt gehen und etwas kaufen, das ein paar Jahre hält. Aber es ist die Jacke des Kindes, das schnell wächst. Zwei Tage später steigt auch seine zweite Winterjacke aus. Mist.
Wir haben die Jacken extra groß gekauft. Und fast hätten sie die zweite Saison überstanden. Sollen wir nun etwa im Januar eine Jacke kaufen, die erst im November wieder gebraucht wird und dann vielleicht zu klein ist?
Eine Schneiderin in unserem Kiez sagt, dass sie keine Änderungen macht, nur neu schneidert. Aber mit ihrer geballten Lebenserfahrung weiß sie: „Den Reißverschluss zu wechseln, ist wirtschaftlicher Unsinn. Kostet mindestens 30 Euro.“ Genauso viel wie eine Jacke.
Wahnsinn: 99,9 Prozent der Jacke sind wunderbar in Schuss, doch eine Winzigkeit macht sie unbrauchbar. Aber wie ist es bei der Jacke für 120 Euro, von der wir hofften, dass sie länger hält? Sie erzählt von der Jacke ihres Sohns, die sie extra teuer im Fachhandel gekauft hat. „Der Reißverschluss war nach sechs Wochen kaputt. Und im Laden sagten sie tatsächlich: Der Reißverschluss gehört nicht zur Jacke. Als Verschleißteil ist er kein Reklamationsgrund.“ Sie lacht und verweist auf den vietnamesischen Schneider um die Ecke.
Der Mann bittet mich freundlich in den winzigen Laden, weigert sich aber, den Preis für die Arbeit zu nennen. „Zu teuer“, sagt er. „Viel zu teuer.“ Er nimmt die Jacke und seine Brille, dann untersucht er die eine lange Reihe der kleinen Zähne, die auch Krampen genannt werden. Dann die andere. „Alles in Ordnung.“ Nun betrachtet er den kleinen Schieber in der Mitte, in dem die beiden Zahnreihen zusammengefügt werden. „Aha“, sagt er. „Ausgeleiert.“ Er greift zur Zange und verringert an dem Schlitten den Abstand, durch den die Zähne laufen. „Fertig“, sagt er nach fünf Sekunden.
„Wie viel Geld, darf ich Ihnen geben“, frage ich. Er sagt: „Kein Geld.“ Ich danke ihm überschwänglich, denn nun muss eine Jacke weniger in die Welt gesetzt und wieder entsorgt werden. Der Mann hat ökologischen Unsinn verhindert und will nicht mal Geld dafür. Ich suche jetzt mal eine Hose, die er umschneidern kann.