In der Geschichte archäologischer Entdeckungen gibt es Gesetzmäßigkeiten: Erst kommen die Forscher, die den Fund machen, dann folgen die Plünderer und ganz am Ende die Touristen.
Der Berliner Heimatforscher Christian Bormann ist sich dieser Abläufe bewusst und nutzt sie deshalb für sich selbst. Nachdem er mit seiner Entdeckung der „Ur-Mauer von Pankow“ in die Schlagzeilen geraten und von dem US-amerikanischen Privatsender HBO als „deutscher Indiana Jones“ betitelt worden war, bietet er nun Touristenführungen zu seiner Entdeckung im Wald bei Schönholz an. Die Internetseite des Projekts heißt: „Tourguide German Indiana Jones“.
Expertenstreit über Echtheit und Wert
Unter diesem selbstbewussten Motto führt Bormann ab sofort Schulklassen, Vereine und Touristen persönlich zu dem 80 Meter langen Reststück der Berliner Mauer, das er zufällig im Wald entdeckt hatte. Ein scharf geführter Expertenstreit über Echtheit und Wert seines Funds endete erst nach Wochen mit einem Schiedsspruch von Kultursenator Klaus Lederer (Linke).
Er maß dem Mauerstück „besondere historische Bedeutung“ bei, weil es noch vor dem eigentlichen Todesstreifen errichtet wurde und das letzte authentische Zeugnis der ersten Mauerbauphase sei. So erklärt sich auch der Ausdruck „Ur-Mauer“, mit dem Bormann nun um Touristen wirbt.
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Man kann sich natürlich fragen, ob es moralisch sauber ist, den eigenen historischen Fund kommerziell auszuwerten. Aber ein Blick auf die Internetseite „Tourguide German Indiana Jones“ zeigt, dass Bormann durchaus Fingerspitzengefühl beweist. So führt er Schulklassen kostenlos herum. Vereine bezahlen je nach Gruppengröße 90 oder 100 Euro für die einstündige Tour. Nur Privatreisende, die den „deutschen Indiana Jones“ für sich allein haben wollen, müssen tiefer in die Tasche greifen. Eine exklusive Führung mit zwei Teilnehmern kostet 130 Euro.
Bormann kann das Geld gebrauchen, denn seinen Brot-Job im Fahrradhandel hat er verloren. Sein Chef warf ihm vor, sich krankgemeldet, dann aber eine Mauerführung mit Journalisten gemacht zu haben.