DDR-Museum: „Unser Depot umfasst etwa 300.000 Objekte“
Stolze 27 Jahre ist es her, dass die Mauer fiel – und dass die DDR aufhörte zu existieren. Erich Honecker ist längst Geschichte, Mielke und Ulbricht ebenfalls, auch Intershop und Ostmark gibt’s nicht mehr. Und dennoch lebt der Staat weiter: in Kellern und auf Dachböden Deutschlands.
Nirgendwo ist das deutlicher zu spüren als im DDR-Museum in der Karl-Liebknecht-Straße in Mitte. Vor etwas mehr als drei Monaten bat das Haus auf der Suche nach Relikten aus der damaligen Zeit ehemalige DDR-Bürger um Hilfe. Und wurde nun mit Reliquien aus Honeckers Zeiten überhäuft. „Unser Depot umfasst etwa 300.000 Objekte“, sagt Sammlungsleiter Jörn Kleinhardt.
Es kamen sogar Angebote aus Schweden und England
Trotzdem gibt es immer wieder Dinge, nach denen verzweifelt gesucht wird – alte Schreibmaschinen der Marke Erika zum Beispiel. „Jeder dritte Haushalt hatte damals so eine Maschine. Auch wir haben eine im Museum. Weil die Besucher darauf tippen dürfen, geht immer auch mal etwas kaputt“, sagt Kleinhardt. Ersatz tat Not. Also starteten die Museumsmacher einen Aufruf.
Tausende Menschen aus ganz Deutschland meldeten sich – sogar Angebote aus Schweden und England kamen. Rund 3000 Objekte kamen bei der Aktion zusammen. Sie werden nun inventarisiert, bekommen eine Nummer, werden wissenschaftlich beschrieben, finden Eingang in das Depot – und vielleicht bald in die Ausstellung am Ufer der Spree. „Nun haben wir allein dreißig Erika-Schreibmaschinen unterschiedlichster Sorte“, sagt Kleinhardt. „Damit sind wir für die Zukunft erst einmal gerüstet.“
„Bei Staatsbesuchen tranken die Politiker gern Cognac“
Jörn Kleinhardt kümmert sich seit drei Jahren um die Sammlung des Museums, ist DDR-Experte – und wurde von manchen Objekten, die im Rahmen der Aktion aus Deutschlands Kellern auftauchten, dennoch überrascht. Zum Beispiel von einem Cognac-Schwenker aus Glas. Auf den ersten Blick sieht er nach schnödem Krempel aus.
Aber: „Erich Honecker hatte im ehemaligen Gästehaus der DDR-Regierung eine eigene Suite, in seinem Arbeitszimmer gab es eine Bar. Von dort stammt der Schwenker“, sagt Kleinhardt. „Bei Staatsbesuchen tranken die Politiker eben gern einen Cognac.“
Zum Schmunzeln brachte den Experten ein Beutel Puffreis
Ein Spender trennten sich von vier vollen Schachteln Zigaretten. „Er arbeitete als Bauarbeiter, schuftete schwarz und bekam Zigaretten. Allerdings war er Nichtraucher, deshalb bewahrte er die Schachteln auf. Inzwischen dürften sie aber sehr trocken sein“, sagt Kleinhardt.
Zum Schmunzeln brachte den Experten auch ein Beutel Puffreis – Mindesthaltbarkeitsdatum 1989. „Eine Frau hob die Tüte 30 Jahre lang auf.“ Warum? Kleinhardt hat eine Erklärung. „Besonders Leute, die zur Kriegsgeneration gehörten, horteten viele Dinge – später melden sich die Nachkommen, weil sie die Sachen loswerden wollen.“
„Wir fahnden noch immer nach Eingaben der Bürger an den Staat“
Für das Museum hat das Fundstück einen großen Wert – denn wenn Lebensmittel gespendet werden, bekommt das Haus oft nur leere Packungen. „Volle Tüten sind selten.“
Doch für Jörn Kleinhardt bleiben Wünsche offen. „Wir fahnden noch immer nach Eingaben der Bürger an den Staat“, sagt er. Auch Gartenzwerge und Telefone stehen auf der Liste der Wunsch-Objekte. Aber oft sind es auch die kleinen Dinge, die einen Sammlungsleiter wie Kleinhardt glücklich machen. „Schon lange suchen wir nach einer Verpackung der Kaffee-Sorte ,Kaffee-Mix‘“, sagt er.