Depeche Mode Fan-Ausstellung: Exhibition from the Masses

Berlin - Es ist schwarz, der weiße Beipackzettel schon etwas vergilbt, mit Tinte hat jemand die Telefonnummer 02 68-44 601 aufs Papier geschrieben. Was für den gewöhnlichen Betrachter wie eine normale Musikkassette aussieht, ist für Depeche-Mode-Fans der heilige Gral. Denn wenn man 1980 mit englischer Ländervorwahl unter besagter Nummer angerufen hätte, wäre man in Basildon gelandet, genauer gesagt im Elternhaus von Vince Clarke, dem Mitbegründer von Depeche Mode. Das von ihm handbeschriftete Demo-Tape ist das wertvollste Exponat der Depeche Mode Fan Exhibition, die ab morgen bis zum 20. Juni im ehemaligen Warenhaus Jandorf in Mitte erstmals über 300 Raritäten aus 33 Jahren Band- und Fangeschichte zeigt.

Feuchte Augen

Die Ausstellung soll sich aber nicht nur an Hardcore-Anhänger der Synthiepop-Legende richten, sondern an alle Popkulturinteressierten. Das war Kurator Martin Hossbach (37) wichtig. „Es ist eine Mischung aus Dingen, bei denen Fans feuchte Augen bekommen und Dingen, die auch Nicht-Depeche-Mode-Fans spannend finden dürften. Popmusik kann so viel mehr sein als einfach nur Musik. “ Mehrmals machte sich der Wahl-Berliner auf den Weg zur Mecklenburgischen Seenplatte, wo Dennis Burmeister wohnt, ohne den das alles nicht möglich wäre.

Seit 25 Jahren sammelt der Fan alles, was irgendwie mit Depeche Mode zu tun hat: Platten, CD-Boxen, Fanzines, Fotos, T-Shirts, Notenblätter, interne Schriftstücke, Awards, Goldene Schallplatten. Burmeister war es auch, der 2011 die besagte Demo-Kassette für 2000 britische Pfund bei Ebay ersteigerte. 10.000 Teile sind so über die Jahre zusammengekommen, die ihn und Sascha Lange zu dem gerade erschienenen Wälzer „Monument“ inspirierten, der weltweit der umfassendste Katalog über Depeche Modes Wirken sein dürfte.

95 Prozent der Ausstellungs-Exponate stammen von Burmeister, die anderen Stücke wurden von Fans zur Verfügung gestellt, die sich über die Seite www.fan4fan.com bewerben konnten. So hat ein Fan ein weißes Oberhemd, das Sänger Dave Gahan mal ins Publikum geworfen hat, übersendet.

Dem Standort Berlin wird in der Schau mit Szenen-Aufbauten Rechnung getragen: Neben einem Plattenladen aus Holz ist eine Nachahmung des Tonraums der Hansa Studios entstanden – mit vielen Fotos und Instrumenten aus der Zeit, als Depeche Mode dort Alben wie „Some Great Reward“ oder „Black Celebration“ aufnahmen. In einer Vitrine sind 14 Seiten mit Schreibmaschinennotizen ausgelegt, die belegen, dass Mitglieder des Ost-Berliner Fanclubs zu DDR-Zeiten von der Staatssicherheit bespitzelt wurden. „Die hat es geärgert, dass die jungen Leute eine Band aus dem Westen mehr bewegt hat als die Musik, die im eigenen Land produziert wurde“, meint Hossbach.

Kurz vor dem Mauerfall hatte sich das Blatt dann noch zugunsten der Gruppe gewendet: Depeche Mode durften 1988 auf Einladung des sozialistischen Jugendverbands FDJ in Ost-Berlin auftreten und befriedigten damit ein langgehegtes Bedürfnis ihrer Fans. Apropos: Sind Fans der Elektronik-Ikonen wirklich so fanatisch, wie es oft dargestellt wird? „Man kann sie nicht alle über einen Kamm scheren“, findet Hossbach. „Es gibt viele Fans mit kritischer Distanz, die genau sagen können, was sie gut finden und was nicht. So jemand wie Dennis Burmeister zum Beispiel. Und dann gibt es diejenigen, die sich den kompletten Oberkörper mit der „Violator“-Rose tätowiert haben oder den ganzen Tag Dave Gahan zeichnen. So oder so ist das aber alles immer noch besser und kreativer als Fernsehgucken.“

Doch Popmusik in Vitrinen zu präsentieren, ist auch schwierig. Besonders bei Depeche Mode, hat der Kurator festgestellt. „Ich habe den Eindruck, dass die Band nicht so eine starke Kontrolle über das eigene Image hat wie beispielsweise die Pet Shop Boys oder Madonna. Anton Corbijn ist zwar eine Konstante bei ihnen, aber die Grafiker, so sieht es zumindest aus, müssen oft gewechselt haben. Wir haben versucht, ein bisschen Struktur hineinzubringen.“ Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum Depeche Mode selbst weder beim Buch noch bei der Ausstellung Hilfe zugesagt haben. „Sie haben wohl auch Angst vor der eigenen Musealisierung“, vermutet Hossbach. „So was kann ja auch eine erdrückende Vorstellung sein. Wer sieht schon gerne Bilder von sich von früher?“

Mehr Eindrück von der Ausstellung finden Sie hier.

Depeche Mode Fan Exhibition,

7.6. bis 20.6., täglich 12–21 Uhr,

Warenhaus Jandorf, Brunnenstraße 19 / Ecke Veteranenstraße, Eintritt frei.