Auf dem Berliner Immobilienmarkt läuft skandalös viel falsch
Der Abriss von preiswertem Wohnraum – etwa in der Habersaathstraße – wäre ein fatales Signal. Was taugen Gesetze, wenn sie Leerstand nicht verhindern?

Berlin - Der Fall des Wohnhauses in der Habersaathstraße 40A bis 48 in Mitte steht exemplarisch für die Fehlentwicklungen auf dem Berliner Immobilienmarkt. Der erste und gravierendste Fehler war, dass das Land Berlin das in den 1980er-Jahren als Schwesternwohnheim für die Charité errichtete Gebäude vor 15 Jahren privatisiert hat. Wertvoller Wohnraum in zentraler Lage, preiswerter noch dazu, wurde damit aus der Hand gegeben.
Es mag Leute gegeben haben, die es damals für überholt gehalten haben, für das Personal der Charité Wohnungen bereitzustellen. Heute wäre man froh, solche Angebote zu haben. Ein Wohnheim fürs Pflegepersonal ganz in der Nähe des Arbeitsplatzes – das wäre ein Angebot, um einen harten Beruf attraktiver zu machen. Die Beschäftigten im Gesundheitswesen wüssten es zu schätzen, wenn sie nach einer anstrengenden Schicht auf der Corona-Station nicht bis an den Stadtrand fahren müssten, weil sie nur dort eine halbwegs bezahlbare Wohnung gefunden haben.
Der geplante Abriss ist noch nicht vom Tisch
Dass der private Eigentümer des Hauses in der Habersaathstraße Pläne entwickelt, wie er die Immobilie bestmöglich vermarkten kann, wozu der Abriss preiswerter Wohnungen und der Neubau teurerer Unterkünfte gehören, ist nicht wirklich überraschend. Überraschend ist, dass die Landesregierung und der Bezirk keine Handhabe gefunden haben, dem jahrelangen Leerstand, den der Eigentümer herbeigeführt hat, einen Riegel vorzuschieben. Was bringen die schönsten Gesetze, wie hier das Zweckentfremdungsverbot, wenn sie nicht durchzusetzen sind?
Selbst der geplante Abriss preisgünstigen Wohnraums ist wegen der jetzt gescheiterten Vergleichsverhandlungen nur aufgeschoben, aber noch nicht vom Tisch. Wahrscheinlich werden Richter darüber befinden, was zulässig ist und was nicht. Wird der Vernichtung preiswerten Wohnraums gerichtlich stattgegeben, ohne dass der Eigentümer adäquaten Ersatzwohnraum schaffen muss, wäre dies ein fatales Signal. Dann könnten die wenigen noch preiswerten Wohnungen in zentraler Lage bald alle verschwinden.