Der Wintergarten im Central-Hotel gehörte zu den attraktivsten Berliner Orten
Wintergarten ist gar kein Ausdruck für diesen grandiosen Glaspalast – 1700 Quadratmeter voller Palmen, immergrünen Strauch- und Schlinggewächsen, Springbrunnen und Grotten. Auf 75 Metern Länge und 23 Metern Breite ließ es sich hier flanieren, man konnte sehen und gesehen werden. Und das alles unter einer 18 Meter hohen gewölbten Kuppel aus Glas.
Überall funkelten Gasleuchten, nachts schimmerten durch das Glasdach die Sterne herein. Was muss das zu jener Zeit für Eindruck gemacht haben! Der „Jardin de Plaisanterie“ im schicken Hotel an der Friedrichstraße stand von seiner Eröffnung 1880 an nicht nur Hotelgästen, sondern auch Berlinerinnen und Berlinern offen – zum Beispiel für festliche Essen. Wenn man sich mal richtig was gönnen wollte. Bald gab es erste musikalische Aufführungen.
Premieren, Sensationen, Stars
Die Leute flogen auf die Location, ihren Luxus, ihren Charme, die Atmosphäre der lockeren Unterhaltung. Hier sollte der Anfang des in Berlin bald so enorm erfolgreichen Varietés liegen. 20 Jahre später gab es 80 davon in der Stadt. Im Wintergarten jagte eine Premiere, eine Sensation die nächste; es wurde zum berühmtesten Nummerntheater des Kaiserreiches.
In den Zwanzigerjahren stellte sich der Wintergarten nach einem Umbau mit 3000 Plätzen als eines der größten und modernsten Theater Europa der nicht kleinen Konkurrenz. Varieté-Größen wie Claire Waldoff, Otto Reutter und Grethe Weiser sicherten den Ruf.
Das Central-Hotel, das zweite im aufstrebenden Berlin der Kaiserzeit errichtete Luxushotel, hatte sich sich gleich in der Nachbarschaft des Bahnhofs Friedrichstraße als bei wohlhabenden Geschäftsreisen sehr beliebte Unterkunft etabliert.
Der günstigen Lage – Geschäfte wie Vergnügen lagen sozusagen nebenan – verdankte es seinen Namen. Damals nannte man den Bahnhof Friedrichstraße gern Central-Bahnhof. Die Straßenfront des Hotels zog sich etwas 100 Meter entlang der Friedrich-, Dorotheen- und Georgenstraße.
Seinem Bau mussten etliche ältere Wohnhäuser mit rückwärtig gelegenen Gartenanlagen weichen – ein typischer Prozess für den Umbau der Berliner Innenstadt zur City, der in jenen Jahren in eine seiner intensivsten Phasen eintrat.
Das Haus bot 1887 seinen geschäftigen Gästen über 600 Zimmer „für Ansprüche der verschiedensten Grade“, hatte ein eigenes Post- und Telegraphenbüro sowie ein Tourismusbüro, das Eisenbahn- und Rundreisefahrkarten verkaufte.
Die Restaurants erwiesen den 1871 zum Deutschen Reich geeinten Ländern ihre Reverenz: Es gab eine Schwarzwaldstube, den Heidelberger Studentensaal, Hansaraum, Schlesische Baude, Ostfriesische Fischerstube, Rheinlandsaal …
Von 1907 an schob sich das Adlon am Pariser Platz am Central-Hotel und seinem Konkurrenten Hotel Kaiserhof am Wilhelmplatz vorbei auf Platz eins der angesehensten Hotels.
Im Zweiten Weltkrieg endete die Pracht in Schutt und Asche. Die DDR errichtete in der Nähe des traditionsreichen Hotelstandortes das Interhotel Metropol, das in den 1990ern zum Hotel Maritim pro arte umgebaut und erweitert wurde.
Die Tradition des Wintergartens mit Show, Dinner und Sternenhimmel wird heute an der Potsdamer Straße 96 fortgesetzt.
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