Details zur neuen Trasse zur Turmstraße: BVG will Straßenbahnnetz im Westen erweitern
Der Senat meint es ernst. Das Berliner Straßenbahnnetz, das sich heute noch größtenteils auf die Ostbezirke beschränkt, soll weiter nach Westen ausgedehnt werden. Auf der Liste steht auch ein Projekt in Moabit: Künftig soll die Straßenbahn über den Hauptbahnhof hinaus bis zum U-Bahnhof Turmstraße fahren. Nun stellte die Verwaltung den Bürgern am Donnerstag ihre Vorplanungen und zwei Streckenvarianten vor. Doch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) setzen sich dafür ein, in größeren Dimensionen zu denken: Straßenbahnchef Klaus-Dietrich Matschke schlägt vor, die neue Trasse noch viel weiter in den Westen Berlins hineinzuführen.
1967 zuckelte zum letzten Mal eine alte „Elektrische“ durch West-Berlin, es war die 55 von Spandau zum Zoo. Dann war das vermeintliche Verkehrshindernis überall aus dem Weg geräumt. Nach der Wende entstanden im Westen der Stadt nur wenige Straßenbahnstrecken neu. „Die Bilanz ist mager“, so Jens Wiesecke vom Fahrgastverband IGEB.
Ausbau im Schneckentempo
Er beklagte das Schneckentempo – wie andere Experten, die Straßenbahnen als Ersatz für überlastete Busrouten für sinnvoll halten. Es gibt aber auch Autofahrer, die kein Stück Straßenraum abgeben wollen und sich vor den Bahnen fürchten.
Doch der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) hat sich positioniert. Kurz nach dem Amtsantritt sagte er, dass der Senat fünf Neubauprojekte vorbereitet. Neu war das nicht?– alle Vorhaben stehen im Stadtentwicklungsplan Verkehr 2025, den der Senat vor vier Jahren beschlossen hat. Doch das Signal war deutlich: Es geht voran.
Auch in Moabit: Zwar ist von einem Bautermin noch nicht die Rede. Doch im Frühjahr soll die BVG den Planungsauftrag für die Trasse vom Hauptbahnhof zum U-Bahnhof Turmstraße bekommen. „Zuvor wollen wir in den nächsten Wochen entscheiden, welche der zwei Streckenvarianten geplant wird“, sagte Matthias Horth, der in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Nahverkehrsabteilung leitet.
Variante 1 hieße, dass die Straßenbahn vor der Justizvollzugsanstalt nach rechts in die Rathenower Straße und kurz darauf nach links in die Turmstraße abbiegt. Variante 2 würde bedeuten, dass es über die Straße Alt-Moabit auf direktem Weg zum Bahnhof an der U 9 geht. In diesem Fall wäre die Strecke etwas kürzer und geringfügig preiswerter.
Welche Trasse soll gebaut werden? Bei einer ersten Untersuchung lag die Streckenvariante Alt-Moabit knapp vorn – während die Trasse in der Turmstraße 39 Punkte bekam, schaffte sie es auf 42. „Sie ist fast geradlinig. Das spart ein bis zwei Minuten Fahrzeit und erhöht die Wirtschaftlichkeit“, gab Horth zu bedenken. An der Straße Alt-Moabit gibt es viele Arbeitsplätze, das verspricht große Nachfrage. Das Hauptproblem liegt in der Zukunft: Wenn die Strecke wie geplant über die Turmstraße verlängert werden soll, wäre eine enge Verbindungskurve nötig.
Am besten bis Jungfernheide
„Aus Fahrgastsicht würde ich mich für die Trasse in der Turmstraße entscheiden“, sagte Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU). Der dicht bewohnte Nordwesten Moabits, das Kriminalgericht und das Rathaus würden besser erschlossen. In der Nähe entsteht weiteres Nachfragepotenzial, etwa im Schultheiss-Quartier. Auch Rainer Döge von der BVG ließ mehr Sympathien für die Trasse in der Turmstraße erkennen: „Eine Weiterführung Richtung Westen wäre in diesem Fall einfacher.“
Wohin der zweite Bauabschnitt führen sollte, ist für Straßenbahnchef Klaus-Dietrich Matschke klar. „Wenn die Straßenbahn bis zum Mierendorffplatz fährt, wird sie von noch viel mehr Fahrgästen genutzt werden. Jenseits des U-Bahnhofs Turmstraße wohnen nicht nur viele Menschen, es gibt dort auch viele Arbeitsplätze“, sagte er. „Und wenn man dann noch eine Blockumfahrung zum S-, U- und Regionalbahnhof Jungfernheide ins Auge fassen würde, ließe sich eine weitere sehr sinnvolle Verknüpfung schaffen.“