Deutschkenntnisse bei Lehrern: Berlin verschärft die Anforderungen für Quereinsteiger
Es klingt so selbstverständlich: Alle Berliner Lehrer müssen gut genug Deutsch sprechen. Das soll nun auch für die vielen Quereinsteiger gelten, die derzeit zu Tausenden eingestellt werden. Deshalb hat die Bildungsverwaltung jetzt auf Druck der Personalvertreter dafür gesorgt, dass diese Seiteneinsteiger bessere Deutschkenntnisse als bisher verlangt nachweisen müssen – und zwar schon bei der Einstellung.
„Bisher mussten Quereinsteiger nur das Deutsch-Niveau C1 bei Einstellung vorweisen“, sagte Dieter Haase, Vize-Chef des Gesamtpersonalrates in der Bildungsverwaltung. Auf Druck der Personalvertretung wurde erstmals bei der Bewerberrunde für das neue Schulhalbjahr im Februar darauf geachtet, dass alle Bewerber den Deutsch-Test auf Niveau-Stufe C2 erfolgreich absolviert haben. „Zuvor war dieses Sprachniveau erst am Ende des berufsbegleitenden Referendariats gefordert“, sagt Hasse. Das sei aber von der Personalstelle gar nicht mehr überprüft worden.
Nach Worten von Haase schützt die aktuelle Verschärfung die Quereinsteiger sogar. Denn eine nicht unerhebliche Bewerberzahl sei am Ende wegen mangelnder Deutschkenntnisse durch die Abschlussprüfungen gefallen oder trotz hörbarer Defizite doch als Lehrer zum Einsatz gekommen. Tatsächlich werden die Quereinsteiger überproportional häufig an Grundschulen tätig, wo Kinder die Sprache erst erlernen. Gut die Hälfte der zu Schuljahresbeginn eingestellten Grundschullehrer waren pädagogisch nicht voll ausgebildete Quereinsteiger – darunter Diplom-Biologen, Dramaturgen oder Musiker.
Sachsen verbeamtet wieder
Personalrat Haase sagte, dass die Zahl der nichtdeutschen Muttersprachler unter den Bewerbern nicht zu vernachlässigen sei. Eine genaue Zahl konnte er aber nicht nennen. „Ich will auch keinesfalls, dass mir das als fremdenfeindlich ausgelegt wird“, betonte er. Doch wer an den Schulen unterrichte, müsse als sprachliches Vorbild taugen.
Die verschiedenen Deutsch-Niveaustufen sind vom Goethe-Institut entwickelt worden, sie reichen von A1 mehrstufig bis zu C2. Die bislang ausreichende Niveaustufe C1 verlangte vor allem, dass jemand sich spontan und fließend ausdrücken kann, „ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen“. Das klingt durchaus anders als die Niveaustufe C2. Dort heißt es: „Er/sie kann praktisch alles, was er/sie liest und hört, mühelos verstehen.“ Die Deutsch-Tests nehmen neben dem Goethe-Institut auch viele private Anbieter vor. Manche Experten meinen indes, dort Qualitätsunterschiede festgestellt zu haben. Auch die Bildungsverwaltung selbst bietet am Ende des berufsbegleitenden Referendariats einen Deutsch-Test an, der aber von Bewerbern als besonders schwer eingeschätzt wird.
Angesichts des bundesweiten Lehrermangels wird Berlin zunächst weiter darauf angewiesen sein, Quereinsteiger einzustellen. Oft sind diese eine Bereicherung, bringen sie doch Lebens- und Berufserfahrung mit. Mitunter glänzen sie auch mit einem besonderem Engagement, weil sie dankbar sind für eine feste Berufsperspektive. Zudem sind in bestimmten Fächern wie Mathematik oder Physik ohnehin keine voll ausgebildeten Lehrer mehr zu finden. So dass die Quereinsteiger als Fachleute unverzichtbar sind.
Berlin hat dabei einen eklatanten Standortnachteil, da es Lehrkräfte nicht mehr verbeamtet. Sachsen war bisher noch das zweite Bundesland, das Lehrer ebenfalls nicht verbeamtet. Doch aus schierer Personalnot sind die Sachsen jetzt umgeschwenkt. Ab Januar 2019 werden alle neue Lehrer – und auch solche, die schon angestellt sind – verbeamtet, bestätigte Manja Kelch, Sprecherin des Dresdner Kultusministeriums, am Dienstag. Dies gelte für alle regulär ausgebildeten Lehrkräfte bis zur Vollendung des 42. Lebensjahres. Befristet sei diese Maßnahme zunächst bis Ende 2023.
Die Berliner CDU forderte aufgrund dieses Paradigmenwechsels in Dresden bereits eine Rückkehr zur Lehrerverbeamtung auch in Berlin, wie CDU-Bildungspolitikerin Hildegard Bentele sagte.
Mehr Unterrichtsausfall
Die angespannte Personalsituation in Berlin macht sich inzwischen auch beim Unterrichtsausfall bemerkbar. Laut Antwort der Bildungsverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck stiegt der statistisch erfasste Unterrichtsausfall an Grundschulen im vergangenen Schuljahr von 1,7 Prozent im Vorjahr auf 2,1 Prozent – insgesamt gab es einen Anstieg um 0,2 auf 2 Prozent. Neun Prozent des Unterrichtes wurden zudem vertreten – oft mehr schlecht als recht.
Dieter Haase forderte angesichts des anhaltenden Lehrermangels, den Beruf durch den Einsatz von zusätzlichem nichtpädagogischem Personal attraktiver zu machen: Verwaltungsleute, IT-Spezialisten, Sozialarbeiter oder Bürokaufleute, die sich um die oft zeitraubende Organisation von Klassenfahrten kümmern, könnten eingestellt werden.