Sie bringt die Stolpersteine zum Reden
Fenster in die Vergangenheit: Die Studentin Nicola Andersson hat eine App entwickelt, die die Geschichten der Menschen hinter den Steinen lebendig werden lässt.

Berlin-Manchmal klemmt das Fenster in die Vergangenheit. Vor dem Haus in der Görlitzer Straße 74 in Kreuzberg, gleich neben der Shell-Tankstelle, zieht Nicola Andersson ihr Mobiltelefon aus der Tasche und hält es über eine im Boden eingelassene Plakette. Etwas höher, etwas tiefer, dann wischt sie ein paarmal über den Stein, aber die App reagiert nicht. „Das passiert leider manchmal, weil die Schrift verschmutzt ist oder das Metall die Sonne reflektiert“, sagt sie und tippt den Namen ein, der auf der Plakette steht. Sofort öffnet sich eine Seite, die vom Leben Margarete Gäblers erzählt: In Zernsdorf unehelich geboren, arbeitete sie in Berlin als Näherin, besaß sogar ein kleines Geschäft, bevor sie manische Schübe entwickelte, sich mit ihrem Sohn zerstritt, der sie in ein Sanatorium einweisen ließ. Im Oktober 1943 wurde Margarete Gäbler abgeholt und in Obrawalde mit einer Giftspritze getötet.