Die Gewalt im Straßenverkehr kommt aus der Mitte der Gesellschaft

Nach der folgenschweren Kollision auf dem Kurfürstendamm wird wieder mal darüber diskutiert, wie sich solche Zusammenstöße verhindern lassen. Das entscheidende Thema wird nicht angesprochen.

Schauplatz eines fatalen Zusammenstoßes: Mit diesem Wagen kollidierte ein BMW, der offenbar an einem illegalen Rennen auf dem Kurfürstendamm teilnahm. Die Insassen, eine Frau und ihre Tochter, wurden schwer verletzt.
Schauplatz eines fatalen Zusammenstoßes: Mit diesem Wagen kollidierte ein BMW, der offenbar an einem illegalen Rennen auf dem Kurfürstendamm teilnahm. Die Insassen, eine Frau und ihre Tochter, wurden schwer verletzt.dpa/Paul Zinken

Berlin-Jedes Mal dasselbe Entsetzen, jedes Mal dieselbe Hilflosigkeit. Wieder einmal hat ein Zusammenstoß, der von einem Raser verursacht worden ist, für Aufsehen gesorgt. Am Montagabend kollidierte ein 530 PS starker BMW 750i mit einem anderen Wagen, in dem eine Frau und ihre Tochter schwer verletzt wurden. Wieder einmal wird darüber diskutiert, wie die Zahl solcher Gewalttaten endlich gesenkt werden könnte. Sollte der Regierende Bürgermeister nun eine „Taskforce Verkehrssicherheit“ einberufen? Sollte der Kurfürstendamm Blitzermeile werden? Wie wäre es mit intelligenten Schlaglöchern, die sich vor Rasern automatisch öffnen?

Jedes Mal der Glaube, dass sich mit noch mehr Gremien und noch mehr Apparaten Probleme lösen lassen. Natürlich sind Blitzer sinnvoll. Doch solange die Strafen gering sind, bedeuten sie nicht mehr als Nadelstiche. Und was mehr Kontrollen anbelangt: Die Polizei hat den Kurfürstendamm längst als Rennstrecke erkannt, sie ist dort bereits öfter präsent als früher.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Kaum jemand spricht über die Basis des Problems. Kriminelles Rasen ist die, wenn auch radikale, Ausprägung von Einstellungen und Verhaltensweisen, die in der Mitte der Gesellschaft fest verankert sind. „Extremes Rasen und alltägliches schnelles Fahren haben dieselben Wurzeln“, hat Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer analysiert. „Bei uns gibt es eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz dafür, mit schweren Autos schnell zu fahren.“

Diese Haltung zeigt sich auch im Wort Unfall, das an Zufall erinnert, obwohl Menschen Gefahren oft bewusst verursachen. Sie ist auch daran zu erkennen, dass die alltägliche, zuweilen tödliche Gewalt im Verkehr kaum notiert wird. Solange sich der mentale Kern des Verhaltens nicht ändert, wird sich an der Gefahr auf den Straßen nichts Grundlegendes ändern.