Die halbierte Brücke von Pankow : Die A114 ist zum Nadelöhr geworden

Plötzlich ist die Betonfahrbahn der Autobahn A114 zu Ende. „Achtung Lebensgefahr!“ warnt ein Schild. Wo einst ein Brückenüberbau die Gleise der S-Bahn-Linie S8 und des Außenrings überspannte, klafft seit Juni eine Lücke. Der Verkehr auf dem Pankow-Zubringer muss mit der verbliebenen Brückenhälfte vorliebnehmen, wo pro Richtung nur ein Fahrstreifen zur Verfügung steht. Es ist ein Vorgeschmack auf Bauarbeiten, die noch kommen werden.

Im Norden des Bezirks Pankow ist ein Nadelöhr entstanden. „Morgens und nachmittags gibt es Stau“, sagt Bernd Urbank von der Projektmanagementgesellschaft Deges. Er leitet das Projekt Außenringbrücke. Der Abriss des östlichen Überbaus, der einst die Fahrbahn in Richtung Autobahndreieck Pankow trug, war der Auftakt. Das Zehn-Millionen-Euro-Bauvorhaben, das der Bund bezahlt, soll noch zweieinhalb Jahre dauern.

Sicher, in den Betonwiderlagern der Brücke aus dem Jahr 1974 gibt es den einen oder anderen Riss. Doch die stählernen Überbauten waren in Ordnung, als die Bauarbeiten begannen. Warum entschieden die Planer trotzdem, die beiden jeweils 160 Tonnen schweren Konstruktionen abreißen und neu bauen zu lassen?

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Bislang keine Standstreifen

„Die A114 wird erneuert, der Berliner Ring, die A10 ebenfalls“ – dazu hätte es nicht gepasst, die alte Brücke zu belassen, sagt der 54 Jahre alte Bauingenieur. Vor allem: „Der Pankow-Zubringer wird um Standstreifen ergänzt, er wird breiter.“ Die alte Überführung hatte eine Breite von 22,70 Meter, die neue misst 26,10 Meter. Außerdem wird sie mit 1,30 Meter 50 Zentimeter höher und damit schwerer sein. Stahlträger tragen eine Fahrbahnplatte aus Beton, die dann eine Asphaltschicht bekommt.

„Jetzt müsste sie gleich da sein“, sagt Urbank und schaut auf seine Uhr. Da kommt sie auch schon angerauscht, die S8. Neben ihr rollt ein Kesselwagenzug aus Schwedt Richtung Berlin. Er ist lauter als die Lastwagen oben auf der Autobahnbrücke. Weil auf den Gleisen viel los ist und die Stromschienen der S-Bahn für zusätzliche Gefahren sorgen, wurde für die Arbeiter ein stählerner Steg gebaut. Manchmal geht es aber nicht anders: Dann muss der Bahnverkehr unterbrochen werden.

„Ursprünglich wollten wir schon früher anfangen“

Am vierten Advent, vor Heiligabend 2018, ist es wieder so weit. Nicht nur die vier Gleise der S- und Fernbahn liegen dann still, auch die Autobahn muss gesperrt werden. „Das ist nötig, damit der neue Überbau für die Fahrbahn Richtung Dreieck Pankow eingeschoben werden kann“, erklärt Urbank. Bis er an die Autobahn angeschlossen ist, dauere es bis Sommer 2019. Dann kann der Verkehr auf der neuen Brückenhälfte konzentriert – und die alte Hälfte abgerissen werden. Start: Herbst 2019.

„Ursprünglich wollten wir schon früher anfangen“, sagt der Ingenieur. „Doch die Bahn teilte mit, dass sie selber baut und den Außenring als Umleitung braucht.“ So könne die neue Brücke der A114 erst Ende 2020 fertiggestellt werden. „Früher geht es nicht“, bedauert Bernd Urbank.

Gefährliche Wölbungen

Nicht mehr lang, dann wird auch die übrige Autobahn im Nordosten Berlins eine Baustelle sein – ebenfalls mit Verkehrseinschränkungen. „Die grundhafte Erneuerung der A114 wird voraussichtlich Ende 2018/Anfang 2019 beginnen“, sagt Matthias Tang, Sprecher der Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). „Die Planungen sind weitgehend abgeschlossen, die Leistungsbeschreibungen erstellt.“

Ursprünglich sollten die Arbeiten an der Autobahn schon im Gange sein. Doch das 50-Millionen-Euro-Projekt zieht sich in die Länge, was unter anderem an Grundstückskäufen und dem Genehmigungsverfahren liegt. Auch gibt es immer noch Streit: Anlieger fordern Lärmschutzwände. Planer entgegnen, dass der holprige Beton durch lärmschluckenden Asphalt ersetzt wird. Außerdem gelte künftig nur noch Tempo 80, früher war Tempo 100 erlaubt.

„Da gibt es noch einiges zu tun.“

Zu Beginn hieß es, dass die Arbeiten 40 Monate dauern. Weil aber im Umkreis an weiteren Straßen gebaut wird, werden die Bauzeiten für die Erneuerung der A114 „neu eingeordnet“, teilt der Senat mit. So oder so: Das Projekt war schon lange fällig. Die Betonfahrbahn, die ab 1973 entstand, gilt als verschlissen. Bei Hitze entstehen „Blow Ups“, gefährliche Wölbungen. Wegen der fehlenden Standstreifen stört jeder Liegenbleiber umgehend den Verkehr.

Wenn die neue, breite, glatte Autobahn fertig ist, wird Urbank längst woanders arbeiten. Der gebürtige Spremberger, der bei den Braunkohlebahnen in seiner Lausitzer Heimat zum Brückenbau kam, hat in Sachsen viele Autobahnprojekte betreut. „Da gibt es noch einiges zu tun.“