Dreister Diebstahl am Abend auf einer menschenleeren Berliner Straße

Die meisten Straftaten geschehen für die Opfer überraschend. Und auch wenn der materielle Schaden gering ist, wie bei unserem Autor, beängstigen solche Taten.

Die Tat war noch banaler als bei diesem Taschendiebstahl, bleibt aber wegen der Dreistigkeit in Erinnerung.
Die Tat war noch banaler als bei diesem Taschendiebstahl, bleibt aber wegen der Dreistigkeit in Erinnerung.imago

Berlin-Die Beute war nicht wirklich der Rede wert, aber es ist und bleibt eine Straftat. Ein Diebstahl. Noch dazu ein ganz dreister. Die Tat bleibt wegen ihrer Frechheit in Erinnerung und weil es jemand riskiert hat, wegen einer solchen Belanglosigkeit erwischt zu werden.

Es war kein Raub. Da kam kein Mann daher – in weit mehr als 90 Prozent aller Fälle sind es Männer – und hat mir Gewalt angedroht: mit einem Messer oder einer Pistole. Niemand hat im dunklen Hinterhof verlangt, dass ich ganz ruhig sein, dass ich mein Bargeld rausrücken solle, mein Handy, meine Bankkarte. Niemand hat mir ein Messer an den Hals gehalten, wie es einer Verwandten passiert ist, der im Alter von 80 Jahren ein Mann bei strahlendem Sonnenschein in Köpenick die Halskette raubte. Ein richtiges Verbrechen.

„Mein“ Krimineller wäre sicher nicht mal vor Gericht gelandet, wenn ihn denn jemand erwischt hätte. Trotzdem frage ich mich: Was hat ihn dazu gebracht, in diesem Moment kriminell zu werden? Oder ist er es sowieso ständig?

Es war kurz nach 20 Uhr. Nicht die Zeit, zu der übermütige Jugendliche unterwegs sind oder Betrunkene – zu allem möglichen bereit. Ich kam vom Großeinkauf, brauchte leider die für unseren Kiez üblichen zwölf Runden, bis ich einen Parkplatz hatte. Ich stand eine Gehminute von unserem Haus entfernt und hatte vier Kisten Mineralwasser geladen. Es war kalt, also sollten sie raus aus dem Auto.

Ich trug den ersten Kasten zur Haustür. Einerseits fing ich an zu schwitzen, andererseits pfiff ein ungemütlicher kalter Abendwind um die Ecke, der die nassen Fußwege menschenleer gefegt hatte. Es war auch kein Auto unterwegs. Ich war ganz allein. Ich dachte mir: In zwei Minuten bin ich wieder hier. Da muss nicht extra die Haustür aufschließen und den Kasten in den Flur stellen. Wer klaut schon Mineralwasser?

Als ich zwei Minuten später mit dem zweiten Kasten kam, war der erste weg. Ich ärgerte mich. Zuerst über mich, weil ich ihn nicht sicher deponiert hatte. Dann über den dreisten Dieb.

Wenn es wenigstens richtig heiß gewesen wäre, dann hätte ich es vielleicht verstanden. Aber es nieselte. Ich trug den Kasten ins Haus und versuchte es mit Voodoo. Ich hoffte, dass sich der Dieb an meinem schönen Wasser verschlucken wird wie einst George W. Bush an seiner Brezel.